Reboot: Netzwerk Forschungsförderung startet wieder Erfahrene Kolleg*innen unterstützen bei der Antragstellung
Das Netzwerk Forschungsförderung der TU Braunschweig ist wieder unter einem neuen Namen angelaufen. Ins Leben gerufen wurde es 2015 als „DFG-Netzwerk“, um Drittmittelfinanzierungen für die Forschung und Nachwuchsförderung zu motivieren. Was sich mit dem Reboot ändert, darüber haben wir mit Professor Wolf-Tilo Balke (Sprecher des Netzwerk-Beirats) und Professor Peter Hecker, Vizepräsident für Forschung und Wissenschaftlicher Nachwuchs, gesprochen.
Ganz kurz ein Rückblick: Wie kam es zur Gründung des Netzwerks?
Professor Wolf-Tilo Balke: Das „Netzwerk Forschungsförderung“ geht ursprünglich auf eine Initiative des damaligen Vizepräsidenten für Forschung Professor Dieter Jahn im Jahr 2015 zurück. Das damals unter dem Namen „DFG-Netzwerk“ gegründete Gremium war eine direkte Antwort auf die laut DFG-Förderatlas rückläufige Tendenz der Drittmittelbewilligungen und Bewilligungssummen über die Jahre 2009 bis 2014. Im DFG-Netzwerk wurden einerseits Ursachen dafür erforscht, andererseits konkrete Maßnahmen zur Nachwuchsförderung insbesondere im PostDoc-Bereich vorangetrieben.
Professor Peter Hecker: Nachdem mein Vorgänger im Amt das Netzwerk erfolgreich initiiert hatte, haben wir 2020 in einem Kernteam die bisherige Arbeit und die Erfolge Revue passieren lassen und überlegt, wie wir die Arbeit des Gremiums weiterentwickeln und auf mehr Schultern verteilen können. Bis dato wurde viel Beratungsleistung von einer kleineren Gruppe erfahrener Forscherinnen und Forscher erbracht, die sich natürlich auch auf ihre eigene Forschung fokussieren wollen. Daher kam der Gedanke auf, in einem neu aufzusetzenden Netzwerk Forschungsförderung mehr Forschende einzubeziehen, die zudem spezifische Kenntnisse und Erfahrungen zu speziellen Förderinstrumenten mitbringen und zugleich unterschiedliche Fächer abdecken.
Welche Maßnahmen konnten Sie aus der Ursachenforschung ableiten?
Professor Wolf-Tilo Balke: Es wurde schnell klar, dass gezielte und niedrigschwellige Beratungsangebote, Möglichkeiten zur (informellen) Vernetzung von Forschenden in verschiedenen Karrierestufen (z.B. das JuniorprofessorInnen-Netzwerk und das PostDoc-Netzwerk der TU Braunschweig), sowie diverse finanzielle Hilfestellungen (vom Präsidium aus dem Zukunftsfonds finanziert) notwendig und zielführend sind.
Mit einer Öffnung des Förderungsfokus auch jenseits der Deutschen Forschungsgemeinschaft wurde deshalb das „Netzwerk Forschungsförderung“ als dauerhafte Einrichtung des Forschungsservice und EU-Hochschulbüro der TU Braunschweig unter Vorsitz des jeweiligen Vizepräsidenten für Forschung und Wissenschaftlichem Nachwuchs gegründet.
Worin besteht heute die Hauptaufgabe des Netzwerks?
Professor Wolf-Tilo Balke: Ziel ist es, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler niedrigschwellig bei der erfolgreichen Antragstellung zu unterstützen. Denn gerade für Antragstellende in einer frühen akademischen Karrierephase ist die Komplexität bei den ersten Einzelanträgen oder in späteren Karrierestadien bei der Koordination von Verbundprojekten nicht zu unterschätzen. Hier ist die Vermittlung erfahrener Kolleginnen und Kollegen wesentlich, die eine Antragstellung begleiten, also mit Rat und Tat zur Seite stehen und helfen, typische Fehler zu vermeiden.
Wer kann sich an das Netzwerk wenden?
Professor Wolf-Tilo Balke: Grundsätzlich ist das Netzwerk offen für alle Forschenden der TU Braunschweig – und zwar in allen verschiedenen Karrierestadien. Ob es um erste Forschungsstipendien, Einzelanträge oder Verbundvorhaben geht, ist dabei egal: Erfahrene Kolleginnen und Kollegen können ihr Wissen teilen und so die Erfolgsaussichten vergrößern.
Um welche Förderarten geht es dabei zum Beispiel?
Professor Wolf-Tilo Balke: Klassisch sind drei verschiedene Arten von Anträgen, die auch typisch für verschiedene akademische Karrierestufen sind und eine wachsende Komplexität aufweisen: spezielle Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses (z.B. Emmy Noether-Programm, ERC Starting Grants, Walter Benjamin-Programm), klassische Einzelanträge sowie kleinere gemeinschaftliche Anträge (z.B. interdisziplinäre Vorhaben), und schließlich große koordinierte Programme im Bereich der Verbundforschung (z.B. Sonderforschungsbereiche, Graduiertenkollegs oder Forschungsgruppen). Je nach Förderorganisation sind dabei bestimmte Dinge zu beachten und die stehen leider nicht immer vollständig in den entsprechenden Merkblättern.
Aus Ihrer Erfahrung: Was bereitet Forschenden oft Probleme bei der Antragstellung?
Professor Wolf-Tilo Balke: Für gute Erfolgsaussichten jedes Antrags ist es zentral, die Gutachter*innen von der Originalität und dem Wert der präsentierten Forschungsidee zu überzeugen. Das ist nicht immer ganz einfach, insbesondere, wenn man sehr tief im Thema steckt und vielleicht manchmal den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sieht.
Auf welchem Level müssen Gutachtende abgeholt werden? Wie argumentiert man den Wert einer Idee? Als reinen Erkenntnisgewinn, oder vielleicht ökonomisch oder gesellschaftlich? Wie detailliert und konkret müssen Arbeitspläne dargestellt werden? – Das sind alles eigentlich ganz offensichtliche, aber eben erfolgsentscheidende Fragen, für die es leider nur spezifische Antworten in jeder einzelnen Disziplin und oft auch für verschiedene Fördermittelgeber gibt.
Wie sieht die Unterstützung dann konkret aus?
Professor Wolf-Tilo Balke: Also vielleicht erst mal ganz zu Anfang: Das Netzwerk Forschungsförderung gibt immer Hilfe zur Selbsthilfe. Es geht also nicht darum, thematischen Einfluss zu nehmen oder gar irgendeine Form von Zensur auszuüben. Es geht darum, vom strukturellen Wissen erfahrener Kolleginnen und Kollegen profitieren zu können. Das Netzwerk ist durch seine Strukturierung in einen Beirat mit lenkender Funktion und ein Team aus Fachexpertinnen und -experten (FE-Team) so gebaut, dass Kolleginnen und Kollegen, die bereits einschlägige Erfahrung in Anträgen bestimmter Art und/oder in eng verwandten Disziplinen haben, diese Erfahrungen teilen können. Das reicht vom kritischen Lesen eines Antrags mit entsprechendem Feedback bis zur Übung von Präsentationen in Begutachtungen oder Anhörungen.
Professor Peter Hecker: Daneben bieten natürlich die Kolleginnen und Kollegen aus dem Forschungsservice und EU-Hochschulbüro Beratung für alle Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der TU Braunschweig an. Zu nennen sind hier zum Beispiel die Unterstützung im Kontext der ERC-Antragstellung, die auch ein Interviewtraining umfasst, und die Unterstützung bei der Antragstellung im Europa-Programm des Niedersächsischen Ministeriums für Wissenschaft und Kultur (MWK). Insofern ergänzen sich die Angebote des Forschungsservice und EU-Hochschulbüros und die Beratung aus dem Netzwerk in idealer Weise.
Professor Wolf-Tilo Balke: Ich selbst war zum Beispiel sechs Jahre lang Mitglied im Senats- und Bewilligungsausschuss für Graduiertenkollegs der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und habe bei mehreren Graduiertenkollegsanträgen von Kolleg*innen an Übungen zur Begehung teilgenommen, Tipps gegeben und mögliche Probleme oder oft im Ausschuss diskutierte Thematiken aufgezeigt. Das wurde als recht hilfreich empfunden und die Anträge waren im Nachhinein dann erfreulicherweise auch erfolgreich.
Die Forschungsbereiche und Themen sind ja dann höchst unterschiedlich. Woher kommt die Expertise zur Beratung, um so in die Tiefe zu gehen?
Professor Wolf-Tilo Balke: Die thematisch und strukturelle Heterogenität der verschiedenen Disziplinen und Förderorganisationen sind in der Tat eine zentrale Herausforderung für das Funktionieren des Netzwerks. Aber inzwischen gehören mehr als 40 Kollegen und Kolleginnen an der TU Braunschweig zum Expert*innenteam und auch wenn nicht immer genau die thematische Expertise vorhanden sein wird, bin ich sehr zuversichtlich, dass geeignete Personen aus den jeweiligen Disziplinen als Hilfestellung gefunden werden können. Zudem kann ja auch strukturelle Hilfe jenseits der Disziplin extrem hilfreich sein, z.B. zum Erfahrungsaustausch im Bereich der Antragstellung für ERC Grants oder des Emmy Noether-Programms. Besonders freue ich mich natürlich auch, dass Kolleg*innen, die Mitglieder in entsprechenden Bewilligungsgremien der verschiedenen Förderorganisationen sind oder waren, bereit sind, ihre Expertise und eigene Erfahrungen zu teilen.
Beraten Sie auch in englischer Sprache?
Professor Wolf-Tilo Balke: Je nach Förderorganisation sind die Anträge ja auch auf Englisch abzugeben, insofern berät das Netzwerk Forschungsförderung oft in englischer Sprache. Zudem haben wir an der TU Braunschweig viele Forschende mit internationalem Hintergrund und zahlreiche Antragsvorhaben mit internationalen Partnern.
Stichwort Strategie: Wie arbeiten das Netzwerk und das Präsidium der TU zusammen?
Professor Peter Hecker: Das neue Netzwerk Forschungsförderung besteht genau genommen aus zwei Teams. Zum einen gibt es das bereits beschriebene Fachexpertinnen und -experten-Team (FE-Team), in dem Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus unterschiedlichen Fachdisziplinen bereitstehen, um Forschende der TU Braunschweig bestmöglich und fachspezifisch zu unterstützen. Daneben gibt es aber auch einen Beirat, in dem fünf Kolleginnen und Kollegen zusammenwirken und die Schnittstelle zwischen dem FE-Team und dem Präsidium darstellen. Weiterhin ist der DFG-Vertrauensdozent Professor Georg Garnweitner ständiges beratendes Mitglied im Beirat.
Zur Abstimmung mit dem Präsidium tauscht sich der von Wolf-Tilo Balke als Sprecher geleitete Beirat regelmäßig mit mir als Vorsitzenden des Netzwerks aus und berät das gesamte Präsidium in strategischen Fragestellungen. Weiterhin ist der Beirat in die Förderempfehlung von Kandidatinnen und Kandidaten für das Agnes-Pockels-Fellowship und den Postdoc Career Grant involviert und unterstützt damit den Forschungsservice der TU Braunschweig, der diese Nachwuchsförderprogramme betreibt. Insofern ist eine enge Einbindung in die Arbeit des Präsidiums und des Forschungsservices gegeben.