Post aus … dem Sabbatical Christian Müller, Leiter der Abteilung Haushaltsrecht und Finanzen, berichtet über sein Sabbatical im Ausland
Allgemeine Informationen
Darum habe ich mich für ein Sabbatical entschieden:
Nach über 30 Jahren an unserer Uni näherte sich der innere Akku, der durch die Doppelbelastung als vollbeschäftigter Mitarbeiter der TU und pflegender Angehöriger beansprucht wird, dem roten Bereich. Mein neunmonatiges Sabbatical soll diesen Akku wieder aufladen.
So habe ich das Sabbatical organisiert:
Nachdem ich schon länger mit dem Gedanken eines Sabbaticals gespielt hatte, habe ich rund eineinhalb Jahre vor dem Beginn des Sabbaticals das Einverständnis meines Vorgesetzten eingeholt und einen Antrag per E-Mail an die Personalabteilung gestellt. Nachdem dieser genehmigt wurde, kam es zu einem Vertrag zwischen mir und der Dienststelle.
Diese Herausforderungen oder besonders positive Erlebnisse gab es bei der Organisation:
Die größte Herausforderung bestand darin, die unterschiedlichen Interessenlagen (TU, Kolleg*innen und natürlich meine eigenen) so zu berücksichtigen, dass sich alle Beteiligten mitgenommen fühlen konnten. Dies gelang, weil sich alle darauf eingelassen haben und bereit waren, eigene Bedürfnisse zurückzustellen.
So habe ich mich auf das Sabbatical vorbereitet:
Eine Idee hinter dem Sabbatical war der Plan, außer dem Ziel, die Zeit in Südeuropa zu verbringen, keinen Plan zu haben, sondern sich relativ frei „entwickeln“ zu können. Dadurch hielten sich die Vorbereitungen in überschaubaren Grenzen. Als Basis war lediglich das vorhandene Wohnmobil, in dem ich das Sabbatical verbringen wollte, für eine neunmonatige Fahrt ins Ungewisse, zu ertüchtigen.
An der Uni musste vor allem die Vertretung geregelt werden, um den regulären Betrieb in meiner Abteilung aufrechtzuerhalten. Glücklicherweise konnte ich engagierte Kolleginnen für die Leitung und Stellvertretung während meiner Abwesenheit gewinnen. Dank des großartigen Einsatzes meines Teams können die anfallenden Aufgaben in meiner Abwesenheit erfolgreich bewältigt werden – wofür ich allen Beteiligten sehr dankbar bin.
Eine besondere Herausforderung war das „Ausräumen“ meines Büros – es ist erschreckend, was sich da in 30 Jahren so alles ansammelt …
Leben vor Ort
Hier verbringe ich mein Sabbatical:
Das Sabbatical hat mich bisher nach Italien (Sizilien, Kalabrien, Apulien) und Griechenland (Pelopones, Athen, Euböa) sowie Frankreich geführt. Zurzeit sind wir auf der Iberischen Halbinsel (Spanien, Portugal).
So sieht mein Alltag aktuell aus:
Mein Alltag im Sabbatical unterscheidet sich im Wesentlichen dadurch vom sonstigen Alltag, dass die beruflichen Verpflichtungen weggefallen sind. Die Anforderungen an einen pflegenden Angehörigen bleiben ja bestehen und müssen erfüllt werden. Es ist aber deutlich feststellbar, dass die Pflegeaufgaben einfacher zu erfüllen sind. Und nach zehn Wochen Sabbatical hat sich glücklicherweise auch der Gesundheitszustand meiner Frau verbessert.
Zudem muss natürlich das alltägliche Leben, auf zwölf Quadratmetern organisiert werden. Hierzu gehört neben der mitunter schwierigen Suche nach geeigneten Stellplätzen (in der Regel abseits von Campingplätzen) und Örtlichkeiten für die Ver- und Entsorgung das Kochen, Putzen, Waschen und Einkaufen.
Wenn das alles erledigt ist, dann steht natürlich vor allem das Genießen der Natur und das Kennenlernen von Land, Leuten und anderen Reisenden im Vordergrund. Es ist hier vor allem spannend, wenn man mit anderen ins Gespräch kommt und immer wieder trotz sehr unterschiedlicher Biographien Parallelen zum eigenen Leben und Erleben findet.
Die größte Herausforderung während meines Sabbaticals (bisher):
Die größte „dienstliche“ Herausforderung war es, die Uni, mit allem was dazu gehört, wirklich zurückzulassen und zu verinnerlichen, dass diese nun auch ohne mich den Alltag bewältigen kann.
Nicht minder schwer war die „private“ Herausforderung, zu verstehen, dass man im Sabbatical wirklich „Zeit“ hat und nicht in kurzer Zeit möglichst viel erledigen muss.
Fazit
So helfen mir die im Ausland erworbenen Fähigkeiten und Erfahrungen für meinen Job an der TU Braunschweig:
Ich lerne täglich mit Unterstützung von Sprachlern-Apps Italienisch und Spanisch und kann hier sicherlich künftig etwas zum interkulturellen Selbstverständnis der TU Braunschweig beitragen. Zudem habe ich hier täglich den gelassenen südländischen Umgang mit Alltagsproblemen und Herausforderungen zu schätzen gelernt.
Auf Wunsch der Angehörigen, die daheim geblieben sind, berichte ich auf einem Youtube-Kanal regelmäßig über das Sabbatical. Vielleicht werden die hierbei erworbenen Fähigkeiten hinsichtlich Videobearbeitung und -gestaltung ja mal an der TU für Tutorials oder ähnliches zu Haushaltsthemen benötigt.
Das hat mir der Auslandsaufenthalt und das Sabbatical persönlich gebracht:
Ich habe im Sabbatical gelernt, materielle Dinge auf das Wesentliche zu reduzieren, denn mit zwei Erwachsenen und einem Hund im Wohnmobil hat man nur einen sehr begrenzten Platz. Ich musste daher lernen, effizient und nachhaltig mit vorhandenen Ressourcen wie Nahrung, Kleidung aber auch Wasser und Strom zu haushalten, da diese nicht jederzeit unbegrenzt verfügbar sind.
Ach ja, der eingangs erwähnte „Akku“ ist inzwischen auch wieder aufladebereit und vor allem hat sich mein „Long Covid“, das mich in den letzten Jahren gerade in der kalten Jahreszeit immer wieder eingeschränkt hat, hier im Süden Europas komplett verschont.
Das nehme ich von hier mit nach Hause:
Als Andenken bewahre ich mir den Abstand vom Alltag. Während des Aufenthaltes sind und waren zum Beispiel die weltpolitischen Themen und Herausforderungen sehr weit weg. Anders ausgedrückt: Mein Horizont hat sich zwar erweitert, aber mein Kosmos hat sich auf das Hier und Jetzt verkleinert.
Diesen Tipp gebe ich anderen Mitarbeitenden, die ins Ausland gehen möchten:
Mein Tipp an alle, die ins Ausland gehen, wäre: Lasst Euch auf das Land und seine Bewohner*innen ein, plant nicht, lebt einfach. Nicht die Anzahl der Erlebnisse zählt, sondern ihre Intensität.
Weitere Informationen zum Sabbatical:
Das Sabbatjahr ist eine besondere Form der Teilzeitbeschäftigung – geregelt für Beschäftigte im § 11 Abs. 2 TV-L (Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst) und für Beamt*innen in § 8a in der Niedersächsischen Arbeitszeitverordnung (Nds. ArbZVO). Während des gesamten Zeitraums der Sabbatjahrvereinbarung wird ein reduziertes Entgelt gezahlt. Die Sabbatjahrvereinbarung ist in zwei Phasen aufgeteilt, die Ansparphase und die Freistellungsphase. Während der Ansparphase bleibt die Arbeitszeit unverändert, während das reduzierte Entgelt gewährt wird. In der anschließenden Freistellungsphase entfällt die Pflicht zur Arbeitsleistung. Das heißt, das angesparte Arbeitszeitguthaben aus der Ansparphase wird aufgebraucht, während weiterhin das reduzierte Entgelt gezahlt wird.
Das Sabbatjahr kann von allen Beschäftigten in Anspruch genommen werden, die in einem unbefristeten Beschäftigungsverhältnis stehen, sofern dienstliche Gründe nicht entgegenstehen. Die Dauer der Sabbatjahrvereinbarung ist individuell vereinbar.
Die Entscheidung über die Genehmigung eines Sabbatjahres erfolgt also nicht automatisch, sondern immer im Dialog zwischen dem Beschäftigten, der Führungskraft und der Personalabteilung. Es gilt, in einem intensiven Abstimmungsprozess abzuklären, ob und in welchem Umfang der laufende Betrieb beeinflusst wird und wie etwaige Vertretungsregelungen organisiert werden können. Dabei werden die individuellen Belange des Beschäftigten ebenso berücksichtigt wie die Notwendigkeiten der Dienststelle.
Beamt*innen müssen gem. § 8a Nds. ArbZVO weitere Voraussetzungen erfüllen: Es müssen mindestens 10 Jahre Tätigkeit im öffentlichen Dienst vorliegen. Zudem muss der gesamte Bewilligungszeitraum zwischen einem und maximal sieben Jahre liegen, wobei die volle Freistellung vom Dienst nicht kürzer als sechs Monate und nicht länger als zwölf Monate sein darf. Die Freistellung muss spätestens mit Vollendung des 59. Lebensjahres enden.
Der Antrag ist schriftlich über die Führungskraft auf dem Dienstweg an die Personalabteilung möglichst sechs Monate vor Beginn der Ansparphase zu stellen.