11. August 2022 | Magazin:

Post aus … Chile Die Studierenden Simon Beike und Hannah Louisa Boog berichten über ihren Aufenthalt in Chile

Wie das Leben und das Studieren am anderen Ende der Welt aussieht und was ein Auslandssemester in Chile so ausmacht, erfahrt Ihr im folgenden Text von den beiden Lehramtsstudierenden Hannah Louisa Boog und Simon Beike, die Euch über ihre ganz persönlichen Erfahrungen berichten.

Hier leben wir momentan:

Simon: Seit Anfang März leben und studieren wir genau 12.886 Kilometer von Braunschweig entfernt in Temuco. Die Stadt liegt im Süden von Chile in der ländlich geprägten Region Araucanía.

Das machen wir in Chile:

Simon: Neben dem Studium an der Universidad de La Frontera, kurz UFRO, absolvieren wir ein Praktikum an einer ortsansässigen Schule. Darüber hinaus genießen wir trotz des regnerischen Winters das südamerikanische Leben.

Hier sind wir beide vor einem alten Bus unserer Universität de la Frontera zu sehen, welcher als Aufenthaltsraum genutzt wird – Ein typischer Regentag in Temuco ... Bildnachweis: Simon Beike, Hannah Louisa Boog/TU Braunschweig

Ein Muss, wenn man in Chile ist: Completo, die chilenische Variante des Hotdogs, nur besser. Bildnachweis: Simon Beike, Hannah Louisa Boog/TU Braunschweig

Im Mai hatten wir zur Hälfte des Semesters eine Woche frei und nutzten diese, um Südamerika zu entdecken. Hier eine Impression von Hannahs Reise nach Peru, wo sie unter anderem den Berg Waynapicchu in der Inkastätte Machu Picchu bestieg … Bildnachweis: Simon Beike, Hannah Louisa Boog/TU Braunschweig

… oder das Valle Sagrado, das Heilige Tal der Inka in Peru besuchte. Hier seht ihr sie mit einer Angehörigen der Quechua. Bildnachweis: Simon Beike, Hannah Louisa Boog/ TU Braunschweig

Simon zog es dagegen in den Süden Chiles, in den atemberaubenden Nationalpark Torres del Paine mit seinen markanten Berggipfeln und seiner einzigartigen Natur. Bildnachweis: Simon Beike, Hannah Louisa Boog/ TU Braunschweig

Für den Fall, dass man etwas Ruhe und Natur in Temuco genießen will, eignet sich der gerade neueröffnete Park Isla Cautin perfekt. Bildnachweis: Simon Beike, Hannah Louisa Boog/TU Braunschweig

"Asado a la parrilla” – sehr beliebt unter den Chilen*innen, serviert mit Kartoffeln und gebratenem Gemüse. Bildnachweis: Simon Beike, Hannah Louisa Boog/TU Braunschweig

Wenn Chile für eines bekannt ist, dann ist es seine unverwechselbare Natur. Das zeigt auch dieses Foto vom Conguillo Nationalpark. Bildnachweis: Simon Beike, Hannah Louisa Boog/TU Braunschweig

Unser Aufenthalt dauert insgesamt:

Hannah: Unser Aufenthalt dauert insgesamt fünf Monate von Anfang März bis Mitte Juli. Er findet über das Austauschprogramm „Go out – Come in“ statt, das der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD) im Rahmen des Projektes Lehramt.International fördert. Studierende haben hier die Chance, ihr Allgemeines Schulpraktikum, kurz ASP, im Ausland zu absolvieren.

Darum haben wir uns für einen Auslandsaufenthalt entschieden:

Hannah: Zunächst einmal lässt sich sagen, dass es für uns eine Erfahrung fürs Leben ist. Wir sammeln sprachliches Wissen, persönliche Erlebnisse und tauschen uns kulturell aus. Dadurch haben wir unseren Horizont enorm erweitert.

Leben vor Ort

So wohnen wir:

Simon: Hier gibt es keine klassischen Studentenwohnheime. Daher haben wir uns für die ersten vier Wochen zusammen eine Wohnung gemietet und uns vor Ort nach weiteren Möglichkeiten erkundigt. Anschließend haben wir separat chilenische Gastfamilien gefunden, bei denen wir nun leben und so hautnah das Land, die Leute und die Sprache erleben können. Wir haben das Gefühl, dass wir wirklich am chilenischen Leben teilnehmen.

Was unterscheidet das Studieren in Chile von dem in Deutschland?

Simon: Die Menschen legen hier eine gewisse Gelassenheit an den Tag. Das zeigt sich etwa in der strikt eingehaltenen Mittagspause zwischen 13 und 14 Uhr. Außerdem haben wir „kurze Drähte“ zu den Lehrenden. Die Kommunikation läuft teilweise sehr informell über Messenger-Dienste. Was mir auch gefällt, ist die sehr persönliche Beziehung zwischen den Studierenden. Möglich ist das unter anderem dadurch, dass wir hier in Jahrgängen studieren, es keine großen Vorlesungen gibt und an den Seminaren nur wenige Studierende teilnehmen. Da kommt schon fast eine Art „Klassenflair“ wie zu Schulzeiten auf. Ein weiterer Unterschied liegt darin, dass sich die Endnote eines Moduls aus meist vier oder fünf Einzelprüfungen zusammensetzt, die im Laufe des Semesters abgelegt werden.

Besonders typisch für unser Aufenthaltsland ist:

Hannah: Als erstes kommt mir dabei die indigene Kultur der Mapuche in den Sinn, die insbesondere in unserer Region sehr präsent ist. Chile zeichnet sich zudem auch durch seine einzigartige landschaftliche Vielfalt aus. Bei einer Nord-Süd Ausdehnung von 4.300 Kilometern ist das auch kaum verwunderlich. Dadurch sind sowohl Erdbeben, Tsunamis, Wüstenstürme, als auch Vulkanausbrüche in Teilen Chiles nichts Ungewöhnliches. Kulinarisch ist das Teegetränk Mate vor allem hier in unserer Region ein Muss.

Das haben wir in den ersten drei Tagen gelernt:

Hannah: Man muss viel Geduld und Gelassenheit mitbringen. Pünktlichkeit wird hier anders definiert. Dafür sind die Menschen in Chile die freundlichsten überhaupt. Sie sind offen, herzlich und hilfsbereit.

Des Weiteren sollte man immer einen Regenschirm dabeihaben. Zumindest im Winter gibt es fast täglich Regenschauer. Auch kann es im Herbst und Winter recht kühl werden, daher sollte man, da bei uns gerade Winter ist, aktuell lieber ein oder zwei Lagen mehr anziehen. Hinsichtlich des Straßenverkehrs: Ist die Ampel rot und kein Auto in Sicht, gehen die Leute über die Straße – ob jung oder alt.

Die bisher größte Herausforderung während unseres Aufenthaltes:

Simon: An erster Stelle steht hier ganz klar das chilenische Spanisch, das wir besonders anfangs nur schwer verstanden haben. Im Chilenischen gibt es viele eigene Modismen [Typisch chilenische Ausdrücke, die aus der Vermischung des Spanischen mit dem Mapudungung, der Sprache der indigenen Mapuche, enstanden sind], ein hohes Sprechtempo und die Endungen werden häufig verschluckt. Das hat bei uns zu Beginn einige Fragezeichen bei Konversationen und Vorlesungen verursacht.

Das nehmen wir von hier mit nach Hause:

Hannah: Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll. Vielleicht bei den Menschen. Die chilenische Gelassenheit, wie ich sie gerne nenne, ist eine Sache, an die ich mich am Anfang nur schwer gewöhnen konnte. Mittlerweile habe ich diese Grundhaltung übernommen und fühle mich sehr wohl damit.

Gut zu wissen

Diese landestypischen Speisen sollte man unbedingt probieren:

Hannah: Completos. Das ist ähnlich wie ein Hotdog, aber viel besser! Außerdem Pebre, eine typische Salsa, die meistens mit frittierten Teighappen, sogenannten Soipapillas, gegessen wird. Ich könnte noch unzählige weitere Speisen aufzählen!

Es gibt auch viele typische Getränke: Pisco, Terremoto und Navegado dürfen nicht fehlen, wenn man in Chile ist. Pisco ist ein Destillat aus Traubenmost und das alkoholische Nationalgetränk Chiles. Terremoto, übersetzt Erdbeben, ist ein traditioneller, sehr süßer, chilenischer Cocktail. Der Name rührt daher, dass er 1985 nach einem Erdbeben erfunden wurde. Navegado ist ein weinhaltiges Heißgetränk und bekannt im Süden Chiles. Getrunken wird es meistens in den kälteren Monaten.

Welches Fettnäpfchen sollte man in Chile vermeiden?

Simon: Wenn man den Bus nehmen möchte, muss man das durch ein Handzeichen signalisieren. Ansonsten kann es passieren, dass man an der Haltestelle wortwörtlich im Regen stehengelassen wird. Außerdem gilt: Wer pünktlich zu einem Termin kommt, muss für gewöhnlich warten. Zumindest bei privaten Verabredungen gehört eine gewisse Unpünktlichkeit zum guten Ton.

Diesen Tipp geben wir anderen Studierenden, die ins Ausland gehen möchten:

Simon: Unser Tipp hört sich vielleicht etwas platt an, aber das Wichtigste ist: Genießen! Ein Aufenthalt im Ausland ist eine einzigartige und einmalige Erfahrung. Auch wenn besonders zu Beginn der Planungen ein Berg an ungelösten Aufgaben und Herausforderungen vor einem stehen, lohnt sich die Mühe. Behaltet immer das Ziel vor Augen, versucht gelassen mit unerwartet auftretenden Problemen umzugehen und euch von den Erwartungen zu lösen, dass alles perfekt laufen wird. Denn, kleiner Spoiler: Das wird es nicht. Aber trotzdem oder vielleicht auch gerade deswegen kann ein Aufenthalt im Ausland dich in so vielen Bereichen positiv bereichern.

Pandemie

Diese besonderen Vorkehrungen habe ich im Vorfeld wegen des Corona-Virus getroffen:

Simon: Am wichtigsten waren die Einreisebestimmungen im März, aufgrund derer wir unter anderem insgesamt drei Corona-Tests machen mussten.

So beeinflusst das Corona-Virus meinen Aufenthalt:

Simon: Dadurch, dass sich hier, wie auch in Deutschland, die Corona-Lage etwas beruhigt hat, wurde unser Aufenthalt nur minimal durch die Pandemie beeinflusst und so ist im Prinzip alles möglich. Dennoch werden hier weiterhin die AHA-Regeln großgeschrieben. Das gilt vor allem für die Alltagsmaske, die wirklich überall in der Öffentlichkeit und auch an der freien Luft getragen wird. Etwas kurios ist auch, dass praktisch in jedem Gebäudeeingang ein Temperaturmessgerät steht, das beim Benutzen nicht selten eine Körpertemperatur von unter 35°C anzeigt.

So habe ich mir trotz der Pandemie am liebsten die Zeit vertrieben:

Hannah: Wir haben unsere Zeit hier am liebsten mit unseren Kommiliton*innen verbracht, die zu Freunden wurden. Zudem haben wir uns sportlich bestätigt und zusammen das Fitnessstudio besucht. Ich war gerne mal mit dem Fahrrad unterwegs. Simon spielt für unseren Studiengang im Fußballteam. Zu den weiteren Aktivitäten zählen Klettern, Wandern und Yoga. Wenn wir die Möglichkeit dazu hatten, sind wir auch gerne mal gereist. Sei es ein Tagesausflug nach Concepcion oder Valdivia oder eine kleine Reise nach Peru oder Argentinien.