Ist der Mond heute noch interessant? Vor 50 Jahren: Erster bemannter Mondumflug der USA
Heilig Abend vor 50 Jahren: Die Apollo-8-Kapsel mit drei US-Astronauten an Bord trat in die Umlaufbahn des Mondes ein. Noch nie waren Menschen dem Himmelskörper so nah. Sie erkundeten Landeplätze für künftige Missionen und sendeten faszinierende Live-Bilder von der Mondberfläche. Und heute, was reizt uns an dem Erdtrabanten?
Am 21. Dezember 1968 startete die Apollo-8-Mission mit Frank Borman, William Anders und James Lovell an Bord. Drei Tage später, am 24. Dezember, erreichten sie die Mondumlaufbahn. Eine Aufgabe der Mission war, geplante Landeplätze späterer Missionen zu dokumentieren. Berühmt wurde die Mission für das „Earthrise“-Foto von Bill Anders, das sich nach der Veröffentlichung schnell zu einem Symbolbild der später 1960er-Jahre entwickelte. In die Geschichte ging auch eine ungewöhnliche Weihnachtsbotschaft ein: Ein Millionenpublikum verfolgte live im Fernsehen, wie Anders, Lovell und Borman die ersten Verse der Schöpfungsgeschichte vortrugen. „Wir schließen mit einem ‚Gute Nacht‘, viel Glück, fröhliche Weihnachten und: Gott segne euch alle – euch alle auf der guten Erde“, so verabschiedete sich Borman in das Weihnachtsfest.
Nach der zehnten und letzten Umkreisung des Mondes begannen die Vorbereitungen für die Rückkehr zur Erde. Zunächst galt es, das Schiff auf Kurs zu bringen, also zu beschleunigen und aus der Mondumlaufbahn zu katapultieren. Lovell kommentierte die erfolgreiche Zündung des Triebwerks – hörbar erleichtert: „Roger, please be informed there is a Santa Claus.“ Am Nachtmittag des 27. Dezember landete die Kapsel im Pazifik, alle drei Astronauten kamen unbeschadet auf der Erde an.
„Exploration des Mondes und weit darüber hinaus“
Seit 1958 wurden über 100 Mondmissionen geplant, über 60 erfolgreich realisiert. Unzählige neue Herausforderungen warten auf Ingenieure und Wissenschaftler – Asteroiden, Mars und Merkur. Ist der Mond aus heutiger Sicht noch interessant? „Mehr denn je“, sagt Professor Enrico Stoll, Leiter des Instituts für Raumfahrtsysteme an der TU Braunschweig. „Die Untersuchung des Mondes kann uns z.B. helfen, Fragen zur Entstehung des Erde-Mond-Systems und allgemein zur Entstehung erdähnlicher Gesteinsplaneten zu beantworten.“
Der Mond sei eine Art Blaupause früherer geologischer Entwicklungen, die bei komplexeren Planeten wie Mars oder Erde durch kontinuierliche geologische Aktivitäten überschrieben wurde. Neben dem Mond seien aber auch verschiedene Orbits an und um den Mond von großem Interesse. „In einem dieser Orbits soll nach dem Ende der ISS der sogenannte Lunar Orbital Platform Gateway (LOP-G) operieren. Dieses Gateway fungiert dann nicht nur als internationales Forschungslabor, sondern auch als Portal zur bemannten und robotischen Exploration – zunächst des Mondes und später weit darüber hinaus.“
Keine einladende Umgebung
Während des ersten bemannten Mondumflugs sagte Frank Borman: „Der Mond bedeutet für jeden von uns etwas anderes. (…) Auf jeden Fall erscheint er nicht sehr einladend als Platz zum Leben oder Arbeiten.“ Inzwischen sieht man das in einem neuen Licht. 2016 formulierte zum Beispiel ESA-Generaldirektor Johann-Dietrich Wörner die Vision eines „Moon Village“. In einer Siedlung auf dem Mond, so seine Idee, leben und forschen Astronauten, um neue Erkundungsmöglichkeiten des Weltraums zu erschließen. Wie wichtig der Mond auf der Agenda ist, lässt die geplante LUNA-Anlage in Köln erahnen. Auf dem Trainingsgelände des Europäischen Astronautenzentrum (EAC) sollen Astronauten der ESA und anderer Weltraumagenturen für künftige Missionen trainieren können, technische Verfahren und Equipment erprobt werden.
So schätzt Professor Stoll die Nutzungsszenarien auf dem Mond ein: „Zunächst wird es nur eine wissenschaftliche Nutzung sein: Einzelne Fachdisziplinen wie Heliophysik, Astrophysik und Planetologie werden unser Verständnis vom Universum weiter voranbringen. Des Weiteren werden wir auf der Mondoberfläche lernen, wie man auf einem anderen Himmelskörper lebt, arbeitet und Ressourcen vor Ort bestmöglich nutzt. Jeder, der den Kinofilm ‚Marsianer‘ gesehen hat, hat ein ungefähres Bild von den Tücken eines Alltags, bei dem man auf einen Raumanzug angewiesen ist.“
Es gibt derzeit schon private Unternehmen, die für Nutzlasten eine Mitfluggelegenheit zum Mond anbieten. Professor Stoll hofft, dass sich darauf aufbauend eine Art kommerzielle Nutzung des Mondes erschließen lässt. „Gegenwärtig gibt es zwar Ideen für extra-terrestrischen ‚Bergbau‘ auf dem Mond oder auf Asteroiden. Es ist aber noch nicht absehbar, dass daraus eine echte Industrie entsteht.“