Internationalität nachhaltig verankern Als erste Hochschule durchläuft die TU Braunschweig einen Re-Audit²-Prozess
Aller guten Dinge sind drei. Das trifft auch auf den Audit Prozess der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) zur Internationalisierung an der TU Braunschweig zu. Was im Jahr 2015 mit dem ersten systematischen Auditprozess „Internationalisierung der Hochschulen“, begann, wurde 2018 mit dem Re-Audit weitergeführt und findet nun im Jahr 2022 mit dem Re-Audit² unter dem Motto „Go global“ seine Fortsetzung. Doch was steckt eigentlich hinter dem Begriff „Audit“? Wie sieht der Prozess aus? Und welche Ziele gibt es? Und warum machen wir es nun schon ein drittes Mal?
Der Begriff „Audit“ lässt sich von dem lateinischen Verb „audire“ ableiten und bedeutet „hören“ – ein Auditprozess kann also grundsätzlich erstmal als Prozess des Zuhörens verstanden werden. Das Audit „Internationalisierung der Hochschulen“ ist ein Angebot der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) und bietet eine systematische Internationalisierungsberatung durch ein unabhängiges Expertengremium, die auf das Profil der jeweiligen Hochschule abgestimmt ist. Der Audit-Prozess soll den Hochschulen dabei helfen, ihre Internationalisierungsbemühungen strategisch aufzustellen, weiter zu entwickeln und dauerhaft innerhalb der Hochschule zu verankern. Die HRK bot bisher für alle Hochschulen das Audit und ein darauf aufbauendes Re-Audit an. Die TU Braunschweig ist nun die erste Universität, die mit dem Re-Audit² ihre Internationalisierungsstrategie erneut auf den Prüfstand stellt.
Für die Präsidentin der TU Braunschweig, Professorin Angela Ittel, der richtige Schritt: „Wir haben uns zu diesem Prozess entschlossen, weil wir trotz enormer Entwicklungen in den letzten Jahren noch ebenso enorme Aufgaben zu erledigen haben, um die Anforderungen einer wettbewerbsorientierten Internationalisierung zu erfüllen. Die Konsequenzen der Pandemie, die zunehmende Herausforderung im Umgang mit (politisch) kritischen Regionen und nicht zuletzt die aktuelle Ukraine Kriese erfordern eine Re-Evaluation der bisherigen Ziele im Internationalisierungsprozess. Der nun dritte Auditprozess der HRK bietet uns eine großartige Chance, diese Aufgaben strukturiert und begleitet durch externe „critical friends“ anzugehen.“ Gleichzeitig hoffen wir durch das Bekenntnis unsere Internationalisierungsbemühungen kontinuierlich zu reflektieren, ein Vorbild für andere Einrichtungen zu werden, denn „Internationalisierung ist ein sehr dynamisches Handlungsfeld“, so Ittel.
Die Weichen sind gestellt
Bei den erfolgreich durchgeführten Audit-Prozessen in den Jahren 2015 und 2018 hat die TU Braunschweig die Weichen für die Internationalisierung der Universität gestellt und Empfehlungen für die weitere Internationalisierungsarbeit erhalten. Viele dieser Empfehlungen wurden bereits umgesetzt: die Gründung des International House, die Etablierung eines fakultätsübergreifend arbeitenden Internationalisierungsrats und die Entwicklung einer Roadmap sind nur einige Beispiele. Sowohl in den Fakultäten, als auch in der Verwaltung gibt es immer mehr Maßnahmen, die die Internationalisierung unserer Universität unterstützen. Nun gilt es, das bisher Erreichte systematisch weiterzuentwickeln, die Attraktivität der TU Braunschweig für internationale Studierende zu steigern, internationale Netzwerke auszubauen und die Internationalisierung in der Lehre zu erhöhen.
„Es gibt für alle Säulen der Universität – Forschung, Lehre & Studium, Governance & Administration und Transfer – entscheidende Handlungsbedarfe. In der Forschung geht es z. B. darum, Strukturen und Kontexte zu schaffen, damit unsere Wissenschaftler*innen international mit interessanten Partner*innen forschen können. Im Bereich Studium & Lehre ist ein großes Handlungsfeld der Aufbau der englischsprachigen Lehre und die Rekrutierung internationaler Studierenden. Natürlich geht es auch um die globale Sichtbarkeit unserer Leistungen“, erklärt Präsidentin Angela Ittel und gibt weitere Ziele vor: „Im Bereich Governance & Administration steht an, die Verwaltungsprozesse durchgängig bilingual zu ermöglichen und internationale Spitzenkräfte zu rekrutieren. Im Bereich Transfer wollen wir unsere Aktivitäten auf internationales Niveau heben und sichtbar werden. Ich bin sehr zuversichtlich, dass der Re-Audit²- Prozess uns bei diesen Themen entscheidend voranbringen wird.“
Um die Ziele zu erreichen, hat sich ein Audit-Kernteam gebildet, das aus Mitgliedern des International House, der Stabsstelle Hochschulentwicklung und der Internationalisierungsbeauftragten Professorin Tatjana Schneider in beratender Funktion besteht. Im Auftrag der Präsidentin leitet das Audit-Kernteam den gesamten Prozess. Dazu gehört die Organisation von sechs thematisch unterschiedlichen Subgroups, in denen Mitglieder der TU Braunschweig konkrete Maßnahmen entwickeln, die im Laufe des Re-Audit² umgesetzt werden sollen. Hinter allem steht der Internationalisierungsrat als Steuerungsgremium des Prozesses. Für Heinrich Schwabecher, Leiter des International House, ist die Vernetzung der gesamten Hochschule und insbesondere die Einbeziehung der Studierenden im Prozess ein besonderes Anliegen: „Unser Ziel ist es, den Internationalisierungsprozess nachhaltig und ganzheitlich in der Hochschule zu verankern und so gemeinsam eine stärkere internationale Sichtbarkeit der TU Braunschweig zu erreichen.“
Erster Meilenstein erreicht
Durch die Beteiligung des Allgemeinen Studierendenausschuss (AStA) und des Studierendenparlaments (StuPa) wird auch eine studentische Perspektive in den Prozess einbezogen – sehr zur Freude vom AStA-Vorsitzenden Luca Kienel: „Für die Studierendenschaft hat das Re-Audit² eine große Bedeutung, da wir dabei einen bedeutenden Teil der Strategie unserer Universität für viele Jahre mit der Einbringung studentischer Perspektiven mitgestalten können.“ Neben dem Thema Auslandsaufenthalt ist es aus Kienels Sicht vor allem wichtig, Begegnungsräume für lokale und internationale Studierende auf dem Campus zu schaffen und für beide Gruppen ein positives und erfolgreiches Studienerlebnis zu ermöglichen, zum Beispiel durch Integrationsprojekte, die beide Seiten einbeziehen.
Die ersten Ideen zur Umsetzung des Re-Audit² wurden bei der Tagung des Internationalisierungsrates im Oktober 2021 festgehalten. Jetzt, knapp sieben Monate später, ist der erste Meilenstein erreicht: Am 23. Mai hat das Audit-Kernteam den vorläufigen Entwurf zur Umsetzungsplanung bei der HRK eingereicht. Darin sind Ziele, Themenfelder und Maßnahmen enthalten, die am 24. Juni mit einem Berater*innenteam der HRK in einem Planungsworkshop diskutiert werden.
Im Anschluss daran hat die TU Braunschweig bis Ende des Jahres Zeit, den Entwurf zur Umsetzungsplanung zu überarbeiten, bevor dann 2023 in die Umsetzungsphase beginnt, die zwei Jahre andauert. Zu Beginn des Jahres 2025 besuchen die Berater*innen der HRK die TU Braunschweig erneut – dann um den Auditprozess zu evaluieren und abzuschließen. Präsidentin Angela Ittel ist überzeugt, dass der Audit einen Mehrwert für die TU Braunschweig ergeben wird: „Ich bin mir sicher, dass es uns gelingen wird, die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen um die TU Braunschweig im Bereich der Internationalisierung, orientiert an internationalen Benchmarks zu entwickeln. Ich möchte, dass wir offen bleiben, uns auch immer wieder neu zu erfinden, neue Ziele zu setzten und es wagen eine globale Universität zu werden.“
3 Fragen an die Internationalisierungsbeauftragte Prof. Tatjana Schneider
Seit dem 1. April 2022 ist Professorin Tatjana Schneider die neue Internationalisierungsbeauftragte der TU Braunschweig. Die Leiterin des Instituts für Geschichte und Theorie der Architektur sammelte als Wissenschaftlerin selbst bereits viel Auslandserfahrung – u. a. lehrte und forschte sie an der University of Sheffield und der University of Strathclyde in Glasgow. In „3 Fragen an“ gibt sie einen Einblick in den Re-Audit²-Prozess.
Als jüngst durch das Präsidium eingesetzte Beauftragte für Internationales, wie sehen Sie Ihre Rolle in der Begleitung des Prozesses?
Internationalität ist Haltung, die einhergeht mit Prinzipien von sorgsamer Weitsicht sowie integrativer Praxis und damit viele unterschiedliche Aspekte berührt. Wir haben mit dem Audit die Chance, verschiedenste Aktivitäten übergreifend zu betrachten, stärker miteinander zu vernetzten und zentrale Unterstützungsstrukturen weiter zu entwickeln. Mir ist es wichtig, kontinuierlich mit der Hochschulgemeinschaft in Dialog zu bleiben, hin- und zuzuhören und dann daran zu arbeiten, ein gemeinsames Verständnis von Internationalisierung zu entwickeln, das gleichzeitig viel Raum für individuelle Ausgestaltungen gibt.
Wo sehen Sie die größten Potenziale im Re-Audit²-Prozess?
Ein wichtiges Ziel des Re-Audit²-Prozesses ist es, die Chancen, die in der Internationalisierung stecken, in allem was wir an der Hochschule tun – ob das nun Lehre, Forschung oder andere Arbeitsbereiche sind – zu verankern. Wenn Internationales im Moment häufig als gesondertes Tätigkeitsfeld wahrgenommen und mit Mehrarbeit und vielen zusätzlichen Aufgaben verbunden wird, kann uns das sehr breit aufgestellte Verfahren dabei helfen, eine neue Selbstverständlichkeit herzustellen, sodass Internationales zum integralen Bestandteil des Selbstverständnisses der Hochschule wird.
Was ist die größte Herausforderung dabei?
Das Re-Audit² ist für mich eine Art Condenser, um dem Thema Internationales zusätzliche Sichtbarkeit zu verleihen und Energien klug zu bündeln. Das wird nicht nur viel Spaß machen und Kreativität freisetzen, sondern auch Kraft kosten. Deswegen ist es wichtig, Sinn und Zweck des Audits im Kontext der gesamten Hochschulentwicklung – auch über die damit einhergehenden wichtigen Justierungen von Strukturen hinaus – nicht aus den Augen zu verlieren: bestmögliche Bedingungen für gemeinsames Lernen, forschen und arbeiten zu schaffen.
Text: Henrike Hoy/International House