„Die Verwaltung gestaltet Internationalisierung aktiv mit“ Vizepräsident Dietmar Smyrek im Interview
Seit 2010 ist Dietmar Smyrek Hauptberuflicher Vizepräsident für Personal, Finanzen und Hochschulbau an der Technischen Universität Braunschweig und damit verantwortlich für die Leitung der Universitätsverwaltung. Im Interview zur Internationalisierung der Verwaltung berichtet er von strategischen Überlegungen, Herausforderungen für Mitarbeiter*innen und erklärt, warum Internationalität nicht beim Thema Zweisprachigkeit endet.
Herr Smyrek, lassen Sie uns zunächst zurückschauen: Was waren die ersten Schritte der TU Braunschweig bei der Internationalisierung ihrer Verwaltung?
Seit 2016 gibt es eine Strategie zur Internationalisierung der Verwaltung an der TU Braunschweig. Darin haben wir uns verschiedene Ziele gesetzt, wie zum Beispiel die Teilnahme unserer Verwaltungsmitarbeiter*innen an Austauschprogrammen und Auslandsaufenthalten zu erhöhen. Hier konnten wir vor allem mit unserem Partner aus Tampere schnell Erfolge verzeichnen. Mir ist sehr wichtig, dass wir uns als Verwaltung mit dieser Strategie aktiv in den Internationalisierungsprozess der TU Braunschweig einbringen, denn ich verstehe die Verwaltung nicht nur als Unterstützer – wir gestalten Internationalisierung aktiv mit.
Welche Rolle hat der Verwaltungsaustausch bei der Entwicklung der strategischen Zusammenarbeit mit der Tampere University gespielt?
Schon bei der ersten Kontaktaufnahme auf der Ebene der Hochschulleitung war das Verwaltungsthema maßgeblich. Gemeinsam mit Wissenschaftler*innen haben wir damals eine Delegation entsendet und erste Austauschformate etabliert. Heute haben wir einen strategischen Kooperationsvertrag, Matching Funds und viele weitere gemeinsame Aktivitäten. Ich glaube, dass die Verwaltung gleichrangig mit der wissenschaftlichen Kooperation betrachtet wird und so auch im Kooperationsvertrag verankert ist, ist schon einmalig.
Internationale Kooperationen erwartet man vermutlich eher in der Wissenschaft als in der Verwaltung einer Universität …
In diesem Fall ging das von Anfang an Hand in Hand und beide Seiten haben sich ergänzt. Das hat der Partnerschaft eine besondere Dimension gegeben und auch in Tampere für viel Interesse gesorgt. Die Zusammenarbeit auf Verwaltungsebene ist eine hervorragende Ergänzung zu der schon lange bestehenden und erfolgreichen Zusammenarbeit im Forschungsbereich.
Aktuell durchläuft die TU Braunschweig den dritten Audit-Prozess zur Internationalisierung der Hochschulen. Können Sie hier auf den bereits vorhandenen Ideen aufbauen?
Ja – dass wir eine Strategie zur Internationalisierung der Verwaltung erarbeitet haben und voll dahinterstehen, eröffnet uns jetzt ganz neue Handlungsspielräume. Wir sind im Re-Audit²-Prozess von Anfang an integraler Bestandteil und haben so die Chance zur Mitgestaltung. Was sich verändert hat, ist, dass wir im dritten Audit-Prozess nicht nur von der zentralen Universitätsverwaltung ausgehen, sondern die Verwaltung in den Fakultäten mit einbinden, wo sich die Kolleg*innen mit wichtigen Anliegen einbringen. Hier muss man sehr unterschiedliche Voraussetzungen berücksichtigen.
Als Hauptberuflicher Vizepräsident für Personal, Finanzen und Hochschulbau sind Sie der Leiter der zentralen Verwaltungseinheiten. Was ist Ihre persönliche Motivation für das Thema Internationalisierung?
Ich habe selbst mehrere Jahre als Verwaltungsleiter der Stiftung Deutsch-Niederländische Windkanäle gearbeitet und in den Niederlanden gelebt. Dabei habe ich Erfahrungen gesammelt, die ich in Deutschland so nicht hätte sammeln können und die mir bis heute helfen. Bei der Internationalisierung geht es mir nicht einfach nur darum, alle Formulare und Dienstleistungen zweisprachig anzubieten. Es geht um Kultur. Es geht darum, von anderen zu lernen und den eigenen Horizont zu erweitern.
Wenn es nicht nur um Zweisprachigkeit geht: Wie wirkt sich die Internationalisierung auf den Arbeitsalltag der Mitarbeiter*innen an der TU Braunschweig aus?
Die Zweisprachigkeit ist wichtig, aber sie ist nur die Pflicht – und wir wollen auch die Kür. Die Sprache betrifft viele Bereiche, von Formularen über E-Mail-Signaturen bis zum Informationsportal, und unser Anspruch ist, dass wir hier alle Lücken schließen, so gut es geht. Dieses Thema wird uns auch noch eine Weile beschäftigen.
Im Arbeitsalltag haben wir für jede Abteilung Ansprechpartner*innen etabliert, die zum Beispiel weiterhelfen, wenn es mal Hürden in der englischen Sprache gibt. Zusätzlich haben wir unser Personalentwicklungsangebot massiv ausgeweitet, es gibt Mobilitätsangebote für Mitarbeiter*innen und es besteht eine große Bereitschaft, Sprachkenntnisse auszubauen. Dabei unterstützen wir unsere Mitarbeiter*innen unter anderem mit dem neu geschaffenen Zertifikat für internationale Kompetenz. In Einstellungsprozessen berücksichtigen wir Fremdsprachenkenntnisse jetzt außerdem stärker als in der Vergangenheit. Alles zusammen wirkt sich positiv auf eine international ausgestaltete Willkommenskultur aus. Wir beschäftigen uns zunehmend auch mit internationalen Verwaltungsfragen, etwa bei der Abwicklung von Projekten mit verschiedenen internationalen Partner*innen – hier bauen wir gezielt weitere Kompetenzen auf. Internationalisierung betrifft aber auch infrastrukturelle Fragen von einer international ausgerichteten und kompatiblen Digitalisierung bis zum Bau eines Gästehauses.
Welche möglichen Hürden gibt es derzeit noch aus Mitarbeiter*innen-Sicht?
Manche Mitarbeiter*innen haben Bedenken, dass sich die Internationalisierung negativ auf die ohnehin hohe Arbeitsbelastung auswirkt und sie noch zusätzliche Aufgaben bewältigen müssen. Natürlich muss aber niemand allein anfangen, Formulare zu übersetzen. Mir ist wichtig zu betonen, dass wir niemanden in Sprachkurse oder zu Auslandsaufenthalten zwingen. Wir sehen unsere Aufgabe darin, unsere Mitarbeiter*innen so zu unterstützen, wie es zu ihren Interessen und ihrem Arbeitsalltag passt. Neben Angeboten für Sprache und Mobilität geht es hier in erster Linie um einen Kulturwandel, der in den Köpfen stattfinden muss.
Lassen Sie uns noch etwas vorausschauen: Wo sehen Sie kommende Herausforderungen bei der Internationalisierung der Verwaltung?
Wir müssen uns als Universität, aber auch besonders als Verwaltung weiterhin intensiv mit dem Thema Internationalisierung auseinandersetzen und dabei den Anforderungen vieler verschiedener Akteure gerecht werden – sowohl TU-intern als auch -extern. Das, was hier von uns erwartet wird, ist vor allem eine Frage der Kultur. Aber um das zu ermöglichen, müssen wir die richtigen Rahmenbedingungen und Strukturen schaffen. Nur dann, wenn wir unsere Mitarbeiter*innen bei diesen Herausforderungen unterstützen, werden wir auch in Zukunft ein attraktiver Arbeitgeber sein. Ganz aktuell werden uns darüber hinaus vor allem die Evaluation unserer Maßnahmen und die Identifikation von Best-Practices beschäftigen.
Und wie sieht die internationalisierte Verwaltung im Jahr 2030 aus?
Die sieht so aus, dass alle unsere Mitarbeiter*innen Internationalität leben und sich für den Austausch mit Partner*innen aus aller Welt begeistern. Meine Vision ist, dass das Internationale selbstverständlich ist und wir nicht unterscheiden zwischen national und international. Und weil ich täglich erlebe, wie motiviert und engagiert unsere Kolleg*innen sind, bin ich überzeugt, dass wir das erreichen werden.
Vielen Dank für das Interview!
Das Interview führte Daniel Götjen/International House.