Informationswoche Stiftungsuniversität: Was spricht für eine aktive Teilnahme? Präsidentin Angela Ittel und Vizepräsident Dietmar Smyrek im Interview
Vom 15. bis 19. Januar findet die Informationswoche zur Stiftungsuniversität an der TU Braunschweig statt. Wir haben die Präsidentin Angela Ittel und den Vizepräsidenten Dietmar Smyrek in einem Interview gefragt, was es mit der Informationswoche auf sich hat und wie man als Mitglied der TU Braunschweig die Entscheidungsfindung zur Stiftungsuniversität mitgestalten kann.
Liebe Frau Ittel, lieber Herr Smyrek, vor einigen Wochen haben wir erfahren, dass die TU Braunschweig sich auf den Weg zu einer Stiftungsuniversität macht. Was bedeutet das für unsere Universität?
Angela Ittel: Vielen Dank für diese sehr gute Frage zum Einstieg, da wir so gleich zu Beginn ein Missverständnis beseitigen können, das viele unserer Mitarbeiter*innen beschäftigt. Wir wollen mit größtmöglicher Transparenz informieren. Richtig ist: Die Technische Universität Braunschweig prüft derzeit die Möglichkeiten und Folgen, die sich ergeben, wenn wir eine Stiftungsuniversität werden. Das bedeutet: Es ist noch längst keine Entscheidung gefallen. Diese kann nur der Senat treffen.
Wir stellen das Modell der Stiftungsuniversität derzeit für alle Mitglieder zur Diskussion und laden alle auf einen regen Austausch ein.
Wenn der Senat letztlich die Entscheidung trifft, welche Rolle spielt dann das Präsidium in diesem Prozess?
Angela Ittel: Als Präsidium sind wir für die strategische Entwicklung der Universität verantwortlich. Die Rolle von Universitäten in der Gesellschaft verändert sich seit Jahren. Vor diesem Hintergrund ist unser Ziel, unsere Universität so aufzustellen, dass wir auch in Zukunft eine attraktive Arbeitgeberin sein werden, die Bedingungen für exzellente Wissenschaft und Lehre bieten und den Bedarfen der Studierenden gerecht werden. Wir wollen so aufgestellt sein, dass wir uns all dies finanziell leisten können und eigenständige Entscheidungen treffen können. Wir wollen ein spannender Ort für Wissenschaft, Bildung und Transferaktivitäten sein.
Zusätzlich stehen wir in einem enormen Wettbewerb mit anderen Universitäten, Hochschulen und Forschungseinrichtungen, indem wir alle um die gleichen derzeit sehr knappen Ressourcen zur Umsetzung unserer strategischen Ziele ringen. Ein Spannungsfeld, in dem wir eine Lösung suchen.
Nun kommen wir zu der Rolle des Präsidiums im Prozess einer Stiftungsuniversität: Die nachhaltigen Finanzierungsmöglichkeiten durch das Land sind sehr begrenzt und die Aussicht, dass sich diese Situation verändert, ist aufgrund der aktuellen Haushaltslage nicht zu erwarten. Deshalb sind wir auf der Suche nach Möglichkeiten, um die TU Braunschweig bestens für eine erfolgreiche Zukunft aufzustellen. Als Präsidium haben wir nun den Impuls gegeben, über neue Finanzierungsmöglichkeiten und vor allem Gestaltungsmöglichkeiten nachzudenken und diese auf ihre Zukunftstauglichkeit zu prüfen.
Unsere Einschätzung des Stiftungsmodells ist nach einer ausgiebigen Prüfung absolut positiv. Unsere weitere Rolle sehen wir nun darin, Informationen mit allen Mitgliedern der Universität zu teilen, damit sie sich eine eigene Meinung bilden können und der Senat eine Entscheidung treffen kann, die den Interessen der Mitglieder gerecht wird.
Wie wird die Senatsentscheidung in dem Prozess gefällt?
Angela Ittel: Der Senat wird im Interesse der Mitglieder entscheiden, ob wir diesen Weg weitergehen. Erst dann werden wir Verhandlungen mit dem MWK zur Gestaltung der Stiftungsuniversität aufnehmen. Darin werden alle Details festgelegt für alle wichtigen Rahmenbedingungen. In den Verhandlungen mit dem Ministerium wollen wir das bestmögliche Ergebnis für die TU Braunschweig erlangen. Bestmöglich heißt: Wir wollen die besten Voraussetzungen für eine Universität mit Gestaltungsfreiraum in allen Leistungsdimensionen, Forschung, Studium und Lehre, Transfer und Governance & Administration, schaffen. Diese müssen sich an erster Stelle an den Bedürfnissen aller Angehörigen unserer Universität orientieren. Das Ergebnis dieser Verhandlungen geht dann erneut in den Senat zur Abstimmung.
Dietmar Smyrek: Zu Ihrer Ausgangsfrage, ob alles bereits entschieden sei, möchte ich betonen, dass das Präsidium in den vielen Amtsjahren, auf die ich zurückblicken kann, stets den wichtigen Diskurs mit den Gremien, den Statusgruppen und dem Personalrat gesucht hat. Wir legen immer Wert darauf, dass wir alle die Universität sind und dass das gemeinsame Ergebnis zählt. (Das heißt nicht, dass es immer einstimmig sein muss). Das Präsidium kann und will keine alleinigen Entscheidungen zu solchen zentralen und grundlegenden Prozessen treffen. Hier sind wir in der gemeinsamen Verantwortung mit dem Senat und anderen Hochschulgremien. Deshalb hat das Präsidium weder bereits eine Entscheidung getroffen noch werden wir uns auf den Weg zur Stiftungsuniversität machen, bevor der Beschluss des Senats feststeht.
Die Vorstellung einer Stiftungsuniversität ruft doch einige Bedenken hervor. Wie können wir diesen begegnen und sicherstellen, dass alle Anliegen ernst genommen werden und dass die möglichen Vorteile und vor allem die Nachteile offen und ehrlich diskutiert werden?
Dietmar Smyrek: Wenn wir sagen, wir sehen es als unsere Aufgabe an, einen offenen und konstruktiven Rahmen zu schaffen, in dem alle Bedenken zum Ausdruck gebracht und Antworten darauf gegeben werden, dann meinen wir genau das. Im Januar 2024 organisieren wir deshalb eine Informationswoche zur Stiftungsuniversität. Wir möchten alle Mitarbeiter*innen und Studierenden unserer Universität ermutigen und herzlich einladen, an den Veranstaltungen und Diskussionen teilzunehmen.
Zudem möchte ich noch einmal betonen und mich an alle Angehörigen unserer Universität direkt wenden: Wir sind auf Ihrer aller Feedback und auf den offenen Austausch angewiesen. Nehmen Sie die Möglichkeit wahr, um miteinander und mit uns zu sprechen. Nach der Informationswoche haben Sie ungefähr noch acht Wochen Zeit, um auf Ihre Vertreter*innen im Senat zuzugehen und die Senatsentscheidung mitzugestalten.
Angela Ittel: Uns ist außerdem bewusst, dass Sie manche Ihrer Fragen und Sorgen, die sich oft ganz konkret auf Ihre persönliche Situation beziehen, nicht öffentlich machen möchten. Da wir auf die extra eingerichtete Emailadresse für Fragen zur Stiftung bislang nur eine überschaubare Anzahl an Fragen und Meinungen bekommen haben, haben wir ab sofort eine anonyme Alternative geschaffen. Auf der Informationsseite zur Stiftungsuniversität finden Sie ein verlinktes Frage-Portal. Hier können Sie Fragen stellen, ohne persönliche Angaben zu machen. Dieses Tool nutzen wir auch für die Podiumsdiskussion während der Informationswoche, damit alle im Publikum ihre Fragen einbringen können.
Es ist meine und unsere ausdrückliche Bitte: Stellen Sie Ihre Fragen, teilen Sie uns Ihre Sorgen mit und halten Sie auch Ihre Kritik nicht zurück. Wir können diesen Weg nur gut beschreiten, wenn wir in einen kritischen Diskurs gehen und die wahrgenommenen Probleme und Risiken benennen und kennen. Wir brauchen Ihre Unterstützung, um diese Punkte auch in die Verhandlungen mit dem MWK einzubringen oder intern in Zusammenarbeit mit dem Personalrat klären zu können.
Was sind Ihrer Meinung nach die positiven und die negativen Aspekte der Stiftungswerdung? Können Sie diese kurz schildern?
Dietmar Smyrek: Wie Frau Ittel bereits erwähnt hat, befinden wir uns im intensiven Wettbewerb mit anderen Universitäten und Forschungseinrichtungen. Die finanziellen Zuwendungen des Landes sind derzeit nicht ausreichend, um uns als Arbeits- und Ideenort optimal aufzustellen. Wir brauchen einen größeren Gestaltungsfreiraum, um auch in Zukunft konkurrenzfähig zu sein. Ein Beispiel: Als Stiftungsuniversität dürfen wir die Zinserträge behalten und hätten wachsende Spielräume. Das Gleiche gilt für unnötige bürokratische Prozesse, denen man dank Stiftungsmodell entkommen kann. Die TU Braunschweig will ihre Zukunft mehr in ihre eigenen Hände nehmen. Dass dies möglich ist, zeigen Beispiele anderer Universitäten. Alleine in Niedersachsen haben wir bereits fünf erfolgreiche Stiftungsuniversitäten.
Angela Ittel: Wir bekommen viele Meinungen und Diskussionen mit, in denen es um mögliche Nachteile für Angestellte, zum Beispiel zu Änderungen beim Kündigungsrecht, geht. Dass dies Sorge auslöst, kann ich sehr gut verstehen. Ich möchte Ihnen diese Sorge gerne nehmen. Verschiedene Gewerkschaften haben hierzu mit dem Land eine Vereinbarung getroffen, die in Stiftungshochschulen für alle bestehenden Mitarbeitenden solche Nachteile wirksam ausschließt. Dass dies auch für künftige Mitarbeitende gilt, ist uns ebenso wichtig. Ich bin sicher, dass wir hier mit dem Personalrat zu einer entsprechend verlässlichen und bindenden Vereinbarung kommen werden.
Gibt es noch etwas, was Sie den Mitarbeiter*innen und Angehörigen unserer Universität mit auf den Weg geben möchten?
Angela Ittel: Informieren Sie sich und stellen Sie Ihre Fragen. Seien Sie neugierig und bilden Sie sich eine Meinung. Gehen Sie außerdem aktiv auf Ihre Senator*innen zu. Somit können Sie die Entscheidung aktiv und persönlich mitgestalten.
Dietmar Smyrek: Ich möchte noch hinzufügen: Es ist eine ergebnisoffene und bestimmt sehr spannende Diskussion und wir freuen uns sehr auf alle Ihre Beiträge.
Vielen Dank, Frau Ittel! Vielen Dank, Herr Smyrek! Wir sehen uns in der Informationswoche im Januar.
Das Gespräch hat Asmik Kostandian geführt.
Lesen Sie weiter zur Informationswoche und stellen Sie Ihre Fragen im anonymen Frage-Tool hier.