Exkursion zu kalten und nassen Fischen Mensch-Umwelt-Beziehungen im Wandel
Konflikte, Konkurrenzen und Kooperationen zwischen tierischen und menschlichen Akteur*innen am konkreten Beispiel beobachten – das konnten Studierende der Fakultät für Geistes- und Erziehungswissenschaften der Technischen Universität Braunschweig und Studierende der Leibniz Universität Hannover bei einer Exkursion nach Torgau. Auf Initiative von Siran Liang, Doktorandin am Institut für Geosysteme und Bioindikation der TU Braunschweig, und Karolin Kautzschmann, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Wirtschafts- und Kulturgeographie der Leibniz Universität Hannover, besichtigten sie einen Fischereibetrieb und erfuhren hier wie dynamische Mensch-Umwelt-Beziehungen Produktionsprozesse beeinflussen.
Biodiversität und Ressourcenschonung sind zwei Ziele, auf die sich die Menschen in westlichen Demokratien schnell einigen können. Aber wenn es um konkrete Zielvorgaben geht, stehen nicht nur ökonomische gegen ökologische Interessen. Vielfach konkurrieren einzelne Schutzziele innerhalb der Umweltpolitik miteinander, über deren Priorität heftig gestritten wird. Es finden sich neben unterschiedlichen Wertvorstellungen auch Machtgefälle und soziale Ungleichheit.
Im Rahmen des Seminars „Environmental Humanities – Digital Hub“ interviewten Studierende der TU Braunschweig zusammen mit Geographiestudierenden des Seminars „Geographien Ungleicher Entwicklungen“ der Leibniz Universität Hannover, Thomas Plate, den Leiter eines Torgauer Fischereibetriebes, dazu wie ökonomische und ökologische Interessenskonflikte seine Arbeit prägen. Anschließend organisierten sie mit Unterstützung der Dozentinnen Siran Liang und Karolin Kautzschmann eine Exkursion zu seinem Fischereibetrieb, um dort die Mensch-Umwelt-Beziehung sowie Strukturen und Prozesse von lokalen und globalen Ungleichheiten vor Ort zu analysieren.
Auf der Tagesexkursion besichtigten die Studierenden den Fischereibetrieb und erfuhren, welche Auswirkungen Mensch-Umwelt-Beziehungen auf Produktionsprozesse haben können. Ein Beispiel dafür ist die Beziehung zwischen Menschen, Zuchtfischen und dem Kormoran. Der Kormoran, eine geschützte Vogelart, frisst die kleineren Fische aus der Süßwasserfischerei. Erst ab einem Gewicht von ca. 500 Gramm sind sie vor ihm sicher. Infolgedessen müssen Betriebe wie der in Torgau Fische dieser Größe aus Polen kaufen und ziehen sie dann zur „essbaren“ Größe heran.
Globale Probleme lokal spürbar
Auch globale Probleme, wie der Klimawandel beeinflussen den Fischereibetrieb. Er lässt Teiche austrocknen und fördert das Wachstum von Algen. Zudem müssen regionale Fischereibetriebe mit größeren Konkurrenten in den Wettbewerb treten. Die Seefischindustrie mit ihrer großen Lobby ist in der Lage, Lachs aus großer Entfernung zu einem Preis zu verkaufen, mit dem die lokale Fischerei nicht konkurrieren kann.
Abschließend diskutierten die Studierenden mit Thomas Plate und Jan Schöne, ehrenamtlicher Leiter einer Naturschutzstation des NABU, wie nachhaltiges und soziales Wirtschaften möglich ist. „Naturschutz, Klimawandel, Gewinn, Bürokratie, Bedürfnisse der Kundschaft unter einen Hut zu bekommen, sind eine besonders große Herausforderung”, resümierten die Studierenden nach dem Besuch der Torgauer Fischerei.
Text: Siran Liang und Karolin Kautzschmann