Bild des Monats: Energiespeicher Lehmwand Aus dem Institut für Bauklimatik und Energie der Architektur
Noch kann man einen Blick hinter die Kulissen werfen. Bevor die Mitarbeiter*innen im Institut für Bauklimatik und Energie der Architektur (IBEA) die Trennwand im zehnten Stockwerk des „Architower“ an der Mühlenpfordtstraße mit Lehmputz verspachteln, offenbaren sich Muster aus verschiedenen Leitungen. Rote Kapillarrohre schlängeln sich an der Wand empor, daneben mäandern graue Schläuche. Insgesamt sechs verschiedene Lehm-Klimasysteme baut das IBEA in seinen Räumen ein. Eins davon ist in unserem Bild des Monats Oktober zu sehen.
Aus der zehnten Etage des „BS04“ wird nach und nach ein Reallabor. Dabei werden vier Testwände mit Lehm-Klimasystemen im Gebäude implementiert und im täglichen Bürobetrieb ausgewertet. Um das Raumklima zu optimieren, setzt das IBEA beim Umbau unter anderem auf Naturmaterialien und traditionelle Bauweisen. So werden beispielsweise Strohlehm und Lehmsteine eingesetzt sowie Bau-Schafwolle zur Dämmung genutzt.
Unterstützt wird das passive Verhalten der Wände durch aktive Temperierungssysteme, die in unterschiedlichen Lehmbaustoffen oder auf schadstoffarme Holzwerkstoffplatten, sogenannte ESB-Platten, eingebaut werden. Zum Abschluss erhalten die Wände noch verschiedene Lehmputze. „Diese können im Bereich eines behaglichen Raumklimas bis zu sechsmal mehr Feuchte aufnehmen als ein herkömmlicher Gipsputz“, sagt Tobias Pörschke, wissenschaftlicher Mitarbeiter am IBEA. Je nach internen hygrothermischen Lasten könnte dadurch der passive Beitrag zur Regulierung des Raumklimas erhöht werden, was folglich zur Energieeinsparung führen könnte.
Weniger ist mehr
Durch die Variation der Wand- und Deckenaufbauten, Lehm-Klimasysteme sowie Lehmputzarten ergeben sich auf 500 Quadratmetern 15 verschiedene zu untersuchende Konstruktionen. Damit können die Mitarbeiter*innen zum Beispiel Messungen zu Schichttemperaturen oder Reaktionszeiten der Systeme in Kombination mit der Konstruktion vornehmen. Außerdem koppeln die Wissenschaftler*innen das System an eine Wärmepumpe und eine Photovoltaikanlage auf dem Dach.
Untersuchen wollen die Forschenden in ihrem Reallabor, wie überschüssige Energie aus dem PV-Generator in den schweren Lehmwänden gespeichert werden kann. Aber sie wollen auch eingehend Lehmbauprodukte als Wärme- und Feuchtigkeitsregulatoren analysieren. Dazu setzt das IBEA-Team in den Lehm-Klimasystemen Energiemengenzähler (Wärme, Kälte und Strom) sowie in unterschiedlichen Tiefen der Lehmwände Temperatur- und Feuchtefühler ein. Ziel ist es unter anderem, herauszufinden, inwiefern sich Lehmbauwände eignen, ein robustes Betriebsoptimum zu generieren – ohne großflächig Lüftungs- und Klimatechnik einzubauen.
Wenn die Wand demnächst verputzt ist, wird man von all den Rohren und Schläuchen der verschiedenen Klimasysteme nichts mehr sehen. Nur auf der Rückseite können die Mitarbeiter*innen dann eine Klappe für die Regelungseinheit öffnen, um die Messdaten zu erfassen.