8. Dezember 2022 | Magazin:

Auf Entdeckungsreise zu den Seen der Maya Biogeowissenschaftliche Studienreise zu den Karstseen des tropischen Regenwaldes im Süden Mexikos

Vor der Kulisse des Urwaldes mit seiner beeindruckenden Vegetation und seinen exotischen Tieren hatten sieben Studierende auf einer Studienreise die Möglichkeit, Urwaldseen ökologisch und geophysikalisch zu untersuchen. Nebenbei erhielten sie Einblicke in das Leben der Lakandonen, die zur Volksgruppe der Maya gehören, und konnten lokale kulinarische Spezialitäten kosten. Über die Reise – organisiert von Dr. Liseth Pérez vom Institut für Geosysteme und Bioindikation und Professor Dr. Matthias Bücker vom Institut für Geophysik und extraterrestrische Physik – berichten die Studierenden Bastian Brömer und Ruth Glebe.

Blick über Mexiko-Stadt aus dem Flugzeug heraus. Bildnachweis: Bastian Brömer/TU Braunschweig

Unsere Studienreise in das weit abgelegene Urwaldgebiet Selva Lacandona an der Grenze zu Guatemala begann mit einer sehr langen Anreise: Los ging es mit dem Flugzeug in Frankfurt, weiter über Atlanta, USA, und Mexiko-Stadt bis nach Villahermosa. Dann weiter mit dem Kleinbus nach Palenque, wo wir nach insgesamt 37 Stunden ankamen. Einmal in den Tropen angekommen, beeindruckte uns die ungewohnte Vegetation am Straßenrand: Neben bei uns beliebten Zimmerpflanzen, die hier in freier Natur und deutlich größer wachsen, gab es etwa Bananenstauden, Palmen und Agaven zu bestaunen. Das Klima mit sehr hoher Luftfeuchtigkeit und viel Regen erlaubt es einigen Pflanzen (Epiphyten), auf Ästen von Bäumen und sogar auf Stromleitungen zu gedeihen.

Nach einer Nacht im modernen Palenque fuhren wir in die archäologische Ausgrabungsstätte, um die präkolumbische Maya-Metropole Palenque zu besichtigen. Dort werden bis heute immer mehr alte Pyramiden im Urwald freigelegt und untersucht. Die Pyramiden der Maya waren größtenteils massiv gebaut. Sie dienten ihnen als Basis und zur Erhöhung der meist sakralen Gebäude auf ihrer Spitze. Direkt hinter den Pyramiden steht der Regenwald wie eine grüne Wand.

Erst Höhlen, dann Seen

Den nächsten Halt hatten wir im Hochland der Selva Lacandona, des Regenwaldes der Lakandonen. In diesem Mittelgebirge besteht der Untergrund hauptsächlich aus Kalkstein. Der sogenannte Karst ist von Höhlen und Klüften durchzogen. Eindringendes Wasser hat den Kalkstein über Jahrhunderte ausgewaschen. Stürzen solche Höhlen ein, können Seen, sogenannte Karstseen, entstehen. Einige von ihnen haben wir in den folgenden Tagen untersucht.

Die nächsten Nächte blieben wir in Nahá, einem kleinen Urwalddorf. Es diente uns als Basis, von der aus wir die Feldmessungen auf den Seen starteten. Untergebracht waren wir in kleinen Hütten eines Hotels – mit Wänden aus Bambusstäben und Dächern aus Dachziegeln und Palmblättern.

Wassertiefenkarten und Sedimentproben

Für unsere Studien teilten wir unsere Gruppe auf zwei Boote auf. Von einem der Boote aus führten wir Sonarmessungen durch, um die Tiefe der Seen und den Grund des Sees zu untersuchen. Abends konnten wir mit den gewonnenen Daten Wassertiefenkarten, auch bathymetrische Karten genannt, erstellen. Die Besatzung des zweiten Bootes nahm Wasser- und Sedimentproben, die sie geochemisch und auf Bioindikatoren hin analysierte. Für die Probenahmen waren die Informationen zur Wassertiefe wichtig, um passende Entnahmeorte zu finden.

Für die beiden Seen Tzibaná und Metzabok wurden schon zu früheren Zeitpunkten Proben genommen. Der Vergleich mit unseren neuen Daten wird es erlauben, Aussagen über die zeitliche Entwicklung der Wasserqualität des Sees abzuleiten. Am dritten Tag erkundeten wir einen kleinen See im Dorf Sibal, der für eine Überraschung sorgte: Mit seinem kleinen Durchmesser von nur 50 Metern weist er stellenweise eine Tiefe von 30 Metern auf.

Der kleine See im Dorf Sibal. Die Anwohner sehen uns bei den Messungen zu. Bildnachweis: Bastian Brömer/TU Braunschweig

Am vierten und letzten Messtag stand der See Guineo auf dem Plan, ebenfalls in der Nähe des Dorfes Sibal. Da der See mit einer Fläche von 2,36 Quadratkilometern sehr groß ist, konzentrierten wir uns auf Messungen um eine Gruppe von fünf kleinen Inseln. An diesem Tag begleitete uns Josuhé Lozada, ein mexikanischer Archäologe, der in den kommenden Jahren die Maya-Ruinen untersuchen möchte, die er auf den Inseln entdeckt hat. Josuhé berichtete, dass sich die Maya um 700 n. Chr. aus den großen Städten im Flachland – wie Palenque – zurückziehen mussten, da es mehrere langanhaltende Dürren gab. Im Hochland der Selva Lacandona gab es noch ausreichend Wasser; neue Siedlungen wurden hier gegründet.

Auch die Wasserstände der Karstseen waren zur damaligen Zeit vermutlich niedriger. Die heutigen Inseln waren wohl damals Hügel, von den Maya weiter befestigt zu pyramidenähnlichen Strukturen. Als wir eine der Inseln betraten, fanden wir dort auch behauene Steine vor. Zwischen den Inseln soll es befestigte Wege gegeben haben. Mit unseren Sonarmessungen haben wir dann tatsächlich einige auffällige Strukturen gefunden. Josuhé und sein Team werden hier im nächsten Jahr Tauchgänge durchführen, bei denen unsere Messungen als Orientierung sicher helfen werden.

Malereien der alten Maya am See Metzabok. Der Hund begleitet als bester Freund der Menschen die Seelen in die Unterwelt. Bildnachweis: Ruth Glebe/TU Braunschweig

„Nicht so giftige“, unüberhörbare und schöne Fauna

Auf dem Rückweg nach Villahermosa machten wir noch Abstecher zu zwei weiteren Seen. Dort gab es zwar wieder keine Krokodile zu sehen, die wir uns sehr zu erspähen gewünscht hatten, aber immerhin eine Schildkröte. Verschont wurden wir auf unserer Reise von Schlangen und Skorpionen, dafür saß aber ein Tausendfüßler in einem unserer Betten, der laut Einheimischen „nicht sooo giftig“ sei. Es gab aber auch schöne Tiere zu beobachten, darunter Kolibris, Libellen und Schmetterlinge. Unüberseh- und unüberhörbar waren die Brüllaffen, die hoch über unseren Köpfen in den Bäumen kletterten.

Lauter Abschied nach der Stille im Urwald

Auf unserer Rückreise über Mexiko-Stadt besuchten wir den Templo Mayor, die Ruine einer großen Pyramide im Zentrum der ehemaligen Aztekenhauptstadt Tenochtitlán. Abends gingen wir in eine typisch mexikanische Cantina, in der viele Mariachi-Bands spielten – gleichzeitig. Mit dem lauten Durcheinander stand dieses Abschiedsessen in der Hauptstadt im großen Kontrast zu den Tagen im abgeschiedenen Urwald.

Abendessen im Dorf Metzabok. Suchbild: Wer findet den halb-zahmen Papagei der Familie? Bildnachweis: Ruth Glebe/ TU BraunschweigBraunschweig

In den Dörfern hatten wir in kleinen Restaurants gegessen. Oft waren wir die einzigen Gäste und saßen in den Wohnzimmern der Familien. Die Woche hindurch standen auf dem Speiseplan vor allem Tortillas, Bohnen und Kochbananen, zubereitet und kombiniert auf verschiedenste Weisen. Die Familien waren außerordentlich gastfreundlich und haben uns bereitwillig all unsere Fragen beantwortet. So erfuhren, wie sie ihren Kaffee anbauen und zubereiten. Sie erzählten uns auch von ihrem halbzahmen Papagei, der sich am Morgen gerne einen Schluck Kaffee gönnt.

Autoren: Bastian Brömer und Ruth Glebe

Gruppenbild vor den Tempelruinen von Palenque. Bildnachweis: Ruth Glebe/TU Braunschweig