Alternative Materialien für Lithium-Ionen-Batterien Forschende aus Braunschweig und Kyoto untersuchen Alterung und Stabilität von Energiespeichern
Die Komponenten kommerzieller Lithium-Ionen-Batterien wurden in den letzten Jahrzehnten stetig verbessert. Zuletzt sind die Fortschritte kleiner geworden. Das Leistungsmaximum in Bezug auf die aktuell verwendeten Materialien scheint erreicht. Im Projekt „OsabanPlus“ geht es daher um alternative Materialien für Lithium-Ionen-Systeme. Dazu kooperiert die TU Braunschweig mit Kolleg*innen aus Japan. Wir haben darüber mit Lukas Noll vom Institut für Energie- und Systemverfahrenstechnik gesprochen.
Ganz allgemein: Was sind Merkmale einer leistungsfähigen Batterie?
Die Merkmale der Leistungsfähigkeit einer Batterie können einfach ausgedrückt über drei Parameter beschrieben werden: die Kapazität (wie lange kann ich mein Handy verwenden, bevor ich es wieder aufladen muss), die Leistung (wie schnell kann ich mein Handy dann wieder aufladen) und die Langlebigkeit oder Robustheit (wie oft kann ich die Batterie aufladen; wann muss ich die Batterie austauschen). Im Projekt „OsabanPlus“ steht vor allem ein tieferes Verständnis über die ablaufenden Prozesse im Fokus, welche sich auf die Langlebigkeit auswirken bzw. diese reduzieren.
In welchen Anwendungsbereichen spielen bestimmte Batteriemerkmale eine besondere Rolle?
Je nach Anwendung der Batterien müssen die Merkmale angepasst werden. Denn einige beeinflussen sich gegenseitig bzw. stehen konträr zueinander. Alles auf einmal zu optimieren geht nicht. Zum Beispiel ist es aktuell unmöglich, eine Batterie mit einer hohen Kapazität und guter Langlebigkeit zu designen und dabei eine hohe Lade- bzw. Entladeleistung zu erwarten. Dazu kommen zudem die Punkte der Sicherheit und der Kosten einer Batterie. Das bedeutet, dass je nach Anwendungsfall einer Batterie ein individueller Kompromiss aus der Leistungsfähigkeit, der Sicherheit und den Kosten geschlossen werden muss.
In Ihrem Projekt geht es um „Energiedichte“, „Zyklenstabilität“ und „verminderte Degradation der eingesetzten Elektrolyte“. Was ist damit gemeint und wie spielt das zusammen?
Die Degradation oder auch Alterung der Komponenten (Elektrolyte, Elektroden)beeinflussen die Zyklenstabilität und somit die Langlebigkeit bzw. Robustheit des Systems. Ziel des Projekts ist es, die Alterungsmechanismen genauer zu untersuchen. Aus diesem Verständnis sollen sich Lösungsansätze ableiten lassen, die die Degradation der Zellkomponenten verringert, um somit die Zyklenstabilität zu erhöhen und letztendlich von der hohen Energiedichte der verwendeten Materialien zuverlässig zu profitieren.
Sie beschäftigen sich mit „Konversionsanoden“. Was ist das und was sollen sie besser können?
Der derzeitige Status quo der negativen Elektrode (der Anode) stellt Graphit dar, das Lithium-Ionen über einen „Interkalationsmechanismus“, das heißt eine Ein- und Auslagerung von Lithium-Ionen, speichert. Verglichen mit Graphit können Konversionsanoden, zum Beispiel aus Zinkoxid, über einen veränderten Speicherungsmechanismus mehr Lithium-Ionen speichern. Dasführt zu einer höheren spezifischen Energiedichte. Grundsätzlich könnte durch die erfolgreiche Implementierung solcher Konversionsmaterialien eine beträchtliche Steigerung der Energiedichte und zeitgleich eine Senkung der Kosten pro Kilogramm oder Liter von Lithium-Ionen-Batterien erreicht werden. Derzeit erweist es sich jedoch als schwierig, langlebige Batterien mit diesen Elektroden zu realisieren.
Woran liegt das?
Der Grund dafür sind kontinuierliche Nebenreaktionen des Elektrolyten mit dem Elektrodenmaterial sowie eine Volumenveränderung der Aktivmaterialien von über 100 Prozent beim Ein-/Auslagern von Lithium-Ionen. Diesen Prozess nennt man „Atmen“ der Elektrode. Das Atmen kann zu Rissbildung und Ablösung der Aktivmaterialien während des Ladens und Entladens der Batterie führen. Diese Probleme limitieren maßgeblich den Einsatz der genannten Konversionsmaterialien.
Wie könnte man das Atmen bzw. die Volumenänderung in den Griff bekommen?
Wir testen dazu 3D-strukturierte Anoden. Die dreidimensionale Struktur der Elektrode bedeutet, dass das Aktivmaterial, das die Redoxreaktion und somit die Energiespeicherung in einer Batterie ermöglicht, auf einem dreidimensionalen Stromabnehmer, wie zum Beispiel einem porösen Kohlenstoff, aufgebracht wurde. Durch die Einbettung des Aktivmaterials in sehr kleine Poren wird die aktive Oberfläche erhöht. Dadurch kann die Leistung der Elektrode gesteigert werden. Die Poren puffern die enorme Volumenausdehnung während des Betriebs und schützen das Aktivmaterial vor Kontaktverlust. Das erhöht schließlich die Langlebigkeit der Elektrode.
Sie sind Nachwuchswissenschaftler. Was wird Ihr Thema im Projekt sein? Worin liegt für Sie der Reiz an der Batterieforschung?
Der Fokus meiner Arbeit am Institut wird es sein, einen Messaufbau zur Messung der akustischen Emissionen von Batterien aufzubauen und in Betrieb zu nehmen. Mittels diesem werden dann unter anderem die angesprochenen Konversionselektroden und deren Volumenänderung im Betrieb untersucht.
Ich bin für meinen Master nach Braunschweig gekommen, um den Schwerpunkt meines Studiums auf die elektrochemischen Systeme wie Lithium-Ionen-Batterien zu legen, da diese in meinen Augen eine wichtige Rolle hin zu einer nachhaltigen Zukunft spielen. Da in diesem Themenfeld derzeit viel passiert und es noch viel Forschungsbedarf gibt, ist das Arbeiten an einer forschenden Einrichtung umso spannender!
Und wie sieht die Zusammenarbeit mit Japan aus?
Die Zusammenarbeit mit dem Projektpartner aus Japan läuft über ein Joint Call des BMBF zur Stärkung der wissenschaftlichen Zusammenarbeit im Bereich Batterieforschung. In diesem Projekt erhalten wir von den Projektpartnern Materialien, um diese dann zu untersuchen. Somit geht es dabei um den Proben- sowie auch Wissensaustausch. Zudem ermöglicht das Projekt, je nachdem wie es die aktuelle Situation zulässt, auch ein Projektreffen sowie einen Forschungsaufenthalt mit Tätigkeiten im Labor des Projektpartners am Katsura Campus im Labor von Professor Takeshi Abe der Kyoto University in Japan.
Das Logo des Projekts ist ja ein Hingucker. Wie ist Abbildung zu verstehen?
Logos und Maskottchen sind in Japan ein wichtiger Teil der Kultur, und begegnen einem im Alltag fast an jeder Straßenecke. Daher war es uns ein Anliegen auch für dieses DEU-JAP-Projekt ein passendes, bildsprachlich überzeugendes Logo zu entwerfen. Gezeigt ist zunächst der Kranich als Symbol für Kyoto, da man diese Tiere nahe der Innenstadt zahlreich am Fluss Kamogawa antrifft. Aus dem Kranich heraus verläuft ein Strahl auf einen „Teich“ aus strukturierten Anodenelementen. Der Strahl symbolisiert dabei die im Projekt eingesetzten Analysemethoden zum Untersuchen der 3D-strukturierten Batterieelektroden. Alles vor dem Hintergrund der untergehenden japanischen Sonne und einer Batterie-Zelle.
Ich danke Ihnen.