27. Juni 2024 | Presseinformationen:

Klimagerechte Entwicklung von Stadt und Land TU Braunschweig leitet zwei neue Climate Future Labs

Wie wirkt sich der Klimawandel auf die Stadt und ihre Menschen aus? Welche Anpassungen sind nötig? Und wie können Städte unter Beteiligung von Bürger*innen klimagerecht entwickelt werden? Das untersuchen Wissenschaftler*innen der Technischen Universität Braunschweig zukünftig in zwei neuen Zukunftslaboren am Zentrum Klimaforschung Niedersachsen. Die sogenannten „Climate Future Labs“ werden aus dem Programm zukunft.niedersachsen des Niedersächsischen Ministeriums für Wissenschaft und Kultur und der VolkswagenStiftung mit jeweils bis zu fünf Millionen Euro für sechs Jahre gefördert.

Wie wirkt sich der Klimawandel auf die Stadt und ihre Menschen aus? Blick über die Stadt Braunschweig. Bildnachweis: Bianca Loschinsky/TU Braunschweig

„Die Förderung der beiden Climate Future Labs zur klimagerechten Stadtentwicklung unterstreicht die herausragende Rolle unserer Universität in der Stadtforschung vor dem Hintergrund des Klimawandels“, betont die Präsidentin der TU Braunschweig, Angela Ittel. „Die beiden Zukunftslabore ermöglichen es, unseren Wissenschaftler*innen im Verbund mit weiteren niedersächsischen Universitäten und außeruniversitären Partner*innen, innovative Lösungen für die drängenden Herausforderungen des Klimawandels zu entwickeln und unser Engagement für eine nachhaltige Zukunft zu stärken.“

Urban Climate Future Lab für Niedersachsen und darüber hinaus

Hitze, Starkregen, Hochwasser, Dürre: Der Klimawandel hat weitreichende Auswirkungen auf Städte und die vielen Menschen, die dort leben. Ziel des Urban Climate Future Labs (UCFL) unter der Leitung von Professorin Vanessa Carlow des Institute for Sustainable Urbanism der TU Braunschweig ist es, das komplexe Zusammenspiel zwischen Klimawandel, Klimawandelanpassung und Urbanisierung zu erforschen. Daran werden Wissenschaftler*innen der TU Braunschweig, der Leibniz Universität Hannover, der Leuphana Universität Lüneburg sowie der Akademie für Raumentwicklung in der Leibniz-Gemeinschaft und dem Climate Service Center Germany zusammenarbeiten. Beteiligt sind Disziplinen wie Architektur, Städtebau und Stadtplanung, Landschaftsarchitektur, Ingenieurwesen, Psychologie, Governance, Umweltwissenschaften, Geografie, Physik und Klimawissenschaften. Um nicht nur in der Theorie, sondern auch in der Praxis zu forschen, plant das Urban Climate Future Lab strategische Partnerschaften mit Städten, Gemeinden, Industrie und Zivilgesellschaft.

In der ersten Phase wird das UCFL untersuchen, wie die unterschiedlichen Siedlungstypen in Niedersachsen zum Klimawandel beitragen und wie sie gleichzeitig davon betroffen sind. Denn noch ist unklar ist, wie genau die verschiedenen Siedlungstypen – zum Beispiel Groß-, Mittel- oder Kleinstädte, Dörfer, Industriegebiete oder Stadtviertel – zum Klimawandel beitragen, wie sie davon betroffen sind und welche Risiken oder Potenziale mit Blick auf Klimawandelanpassung bestehen. In der zweiten Projektphase stehen dann die Transformationsmöglichkeiten im Mittelpunkt: Wie kann das Siedlungssystem und wie können Orte in Niedersachsen so umgestaltet werden, dass die Auswirkungen des Klimawandels reduziert und die Resilienz und Nachhaltigkeit insgesamt erhöht werden? Auch wenn Niedersachsen im Fokus des Projekts steht, will das Forschungsteam Strategien und Modelle entwickeln, die für Stadtregionen weltweit anwendbar sind.

„Städte und Stadtregionen sind besonders stark von Klimawandel betroffen – auch in Niedersachsen. Als Sprecherin des multi-disziplinären Forschungsverbunds ‚Urban Climate Future Lab‘ freue ich mich, in den kommenden Jahren gemeinsam mit dem UCFL-Team und vielen weiteren Partner*innen aus Städten und Gemeinden wissenschaftlich fundierte Entwicklungspfade für die nachhaltige Transformation Niedersachsens zu erarbeiten“, sagt Professorin Vanessa Carlow, Leiterin des Institute for Sustainable Urbanism und Sprecherin des neuen UCFL Zukunftslabors. „Für den Wandel hin zu einer nachhaltigen und widerstandsfähigen Zukunft in Stadt und Land wollen wir innovative Planungs-, Mobilitäts-, Produktions- und Energiesysteme gemeinsam entwickeln. Dies schließt auch neue Formate der Beteiligung von Bürger*innen, neue Governance-Ansätze, ein neues Verständnis des Umgangs mit Klimarisiken, sowie neue physikalische Modelle ein, die auf den spezifischen Merkmalen des urbanen Systems mit seinen unterschiedlichen Siedlungs- und Landschaftstypen und der Lebenswirklichkeit der Menschen basieren.“

Klimawissen und Stadtgestaltung

Als weiteres Climate Future Lab zum Thema klimagerechter Stadtentwicklung startet das Projekt „Open Planning Cultures. Design Principles for Transformative Spaces (OPEN_CULTURES)“ unter der Leitung von Professorin Tatjana Schneider, Institut für Geschichte und Theorie der Architektur und Stadt der TU Braunschweig, an dem Wissenschaftler*innen der TU Braunschweig, des Julius Kühn-Instituts und der Universität Oldenburg beteiligt sind. OPEN_CULTURES knüpft an das gemeinsame Stadtentwicklungsprojekt der TU Braunschweig und der Stadt Braunschweig Co_Living Campus an. Ziel ist es, zu untersuchen, wie Klimawissen durch Gestaltungsprinzipien, die die Klimaanpassung in der Stadtentwicklung und Raumplanung direkt unterstützen, in nachhaltiges Leben übersetzt werden kann. Um diese „Übersetzungslücke“ zu schließen, will „OPEN_CULTURES“ das komplexe Verhältnis zwischen Klimawissen und der Praxis von Stadtgestaltung und nachhaltigem Leben in drei Sub-Labs entwirren.

So wollen die Wissenschaftler*innen die Rolle von Partizipation bei der Schaffung von klima-sensiblen Formen der Stadtgestaltung betrachten. Das zweite Sub-Lab beschäftigt sich mit der Frage, wie die Gestaltung von Gebäuden klima-sensible Formen des städtischen Lebens unterstützen kann. Das dritte Sub-Lab untersucht die Art und Weise, wie Vorstellungen über den Klimawandel Alltagspraktiken beeinflussen und darin reproduziert werden, und wie Klimawandel anders erzählt werden könnte, um zu einer nachhaltigen Lebenspraxis zu motivieren. Das interdisziplinäre Forschungskonsortium verfolgt dabei einen partizipativen und transdisziplinären Ansatz, der Gebäude und grüne Infrastrukturen zusammen mit sozialen und symbolischen Dimensionen untersucht und durch die Entwicklung von Gestaltungsprinzipien auf gerechte, gleichberechtigte und inklusive Formen der Klimaanpassung fokussiert.

„Das Zukunftslabor ist eine fantastische Möglichkeit, die für unsere Gesellschaft und Umwelt so wichtigen Fragestellungen der klimagerechten Gestaltung von Stadt interdisziplinär zu betrachten“, sagt Professorin Tatjana Schneider, Leiterin des Instituts für Geschichte und Theorie der Architektur und Stadt der TU Braunschweig und Sprecherin des Projekts. „Besonders an unserem Ansatz ist hierbei die Zusammenarbeit von Geistes- und Sozialwissenschaften mit gestalterischen und technischen Disziplinen. Das Projekt wird außerdem von einer breiten Allianz aus zivilgesellschaftlichen Organisationen, gemeinwohlorientierten Vereinen und anderen Organisationen unterstützt, die sich für zukunftsfähige Quartiere und Nachbarschaften einsetzen. Wir freuen uns sehr, dieses Vorhaben gemeinsam auf den Weg zu bringen.“

Resiliente Wälder

Neben der Projektleitung der beiden Zukunftslabore zu „Klimagerechter Stadtentwicklung und Raumplanung“ ist die TU Braunschweig mit Dr. Matthias Beyer (Nachwuchsgruppenleiter „Isodrones“) und Professor Harald Biester (AG Umweltgeochemie) vom Institut für Geoökologie außerdem an einem Labor zum Thema „Auswirkungen des Klimawandels auf das Ökosystem Wald“ beteiligt. „FoResLab“, geleitet von der Universität Göttingen, geht der Frage nach, wie Wälder resilient gegenüber Klimaveränderungen gestaltet werden können. Um das zu untersuchen, wollen die Wissenschaftler*innen inter- und transdisziplinäre Forschung mit Formaten der Wissenschaftskommunikation und des Wissenstransfers verbinden. 

Projektdaten

Insgesamt wurden für die vier Climate Future Labs am Zentrum Klimaforschung Niedersachsen 14 Projekte eingereicht. Sie werden mit jeweils bis zu fünf Millionen Euro aus dem Programm zukunft.niedersachsen des Niedersächsischen Ministeriums für Wissenschaft und Kultur und der VolkswagenStiftung gefördert. Der Förderzeitraum beläuft sich, vorbehaltlich einer positiven Zwischenevaluation, auf sechs Jahre.

UCFL – Urban Climate Future Lab

Das UCFL ist ein multidisziplinäres Team aus Wissenschaftler*innen der Technischen Universität Braunschweig, der Leibniz Universität Hannover, der Leuphana Universität Lüneburg, der Akademie für Raumentwicklung in der Leibniz-Gemeinschaft und dem Climate Service Center Germany. Ergänzt wird diese Expertise durch einen Beirat aus national und international renommierten Expert*innen, die zur weltweiten Resonanz der Ansätze und Methoden beitragen wollen. Sprecherin des Labs ist Professorin Vanessa Miriam Carlow, Leiterin des Institute for Sustainable Urbanism und Sprecherin des Forschungsschwerpunktes Stadt der Zukunft der TU Braunschweig. Ko-Sprecher*innen sind Professorin Astrid Kause, (Leuphana Universität) und Professor Martin Prominski (Leibniz Universität Hannover).

OPEN_CULTURES

Neben Wissenschaftler*innen verschiedener Disziplinen der TU Braunschweig sind Forschende des Julius Kühn-Instituts und der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg am Zukunftslabor „Open Planning Cultures. Design Principles for Transformative Spaces (OPEN_CULTURES)“ beteiligt. Sprecherin des Projekts ist Professorin Tatjana Schneider vom Institut für Geschichte und Theorie der Architektur und Stadt der TU Braunschweig. Ko-Sprecher*innen sind Professor Martin Butler von der Universität Oldenburg und Dr. Mona Quambusch vom Julius Kühn-Institut. OPEN_CULTURES wird Forschungsakteur*innen in Niedersachsen und darüber hinaus vernetzen. Dazu arbeitet das Projektteam mit einem internationalen inter- und transdisziplinären Netzwerk, das wissenschaftliche Einrichtungen, verschiedene Praxispartner*innen und zivilgesellschaftliche Akteur*innen zusammenbringt.