„Wo bin ich und wo will ich hin?“ – Das Gruppentherapieprogramm zur Klärung von Lebenszielen für psychisch belastete Jugendliche: Hintergründe, Konzepte, Evaluationsergebnisse 20. November 2024 | 17:00 h - 18:30 h
Einerseits: Viele Jugendliche haben aktuell keine konkreten und verbindlichen Vorstellungen von ihrer privaten und beruflichen Zukunft jenseits des Erreichens eines Schulabschlusses. Dies wird durch die gesellschaftlichen Entwicklungen („Postmoderne“) begünstigt. Eltern sind bemüht die Autonomie ihrer Kinder nicht einzuschränken („Du kannst machen, was Du willst, Hauptsache Du wirst glücklich!“). Die Jugendlichen selber, angesichts unendlicher Möglichkeiten und dem Anspruch eine perfekte Wahl treffen zu müssen („Ein Beruf, der immer Spaß macht!“), machen es sich auch nicht leicht. Andererseits: die skizzierte Konstellation ist für psychisch belastete Jugendliche besonders fatal, weil der mit der Erkrankung einhergehende „Krankheitsgewinn“ zunächst einmal auch von der Notwendigkeit einer eigenverantwortlichen Perspektivklärung entlastet, wobei fehlende konkrete Perspektiven längerfristig erheblichen negativen Einfluss auf den Therapieverlauf haben.
Im Rahmen des Vortrages werden zunächst empirische Daten jugendlicher psychosomatischer Patientinnen (Ziele, Wertes, soziale Milieu-Zugehörigkeit) referiert und der Einfluss der genannten Aspekte auf den Therapieverlauf dargestellt. Ausgehend von diesen Ergebnissen wurde ein kognitiv-verhaltenstherapeutisches, auf 6 Doppelstunden angelegtes Gruppenschulungsprogramm zur beruflichen und lebensperspektivischen Orientierung von Jugendlichen entwickelt. In die Evaluation wurden konsekutiv zur stationären Behandlung von Essstörungen, Depressionen, Angststörungen und sozialen Phobien aufgenommene Patientinnen und Patienten aufgenommen (Interventions- und Kontrollgruppe je n > 100). Es werden die Inhalte des Programms und Ergebnisse der Erhebung vorgestellt. Jugendliche haben per se großes Interesse am Programm. Sie erleben z.B. auch die direkte Thematisierung des Themas „Krankheitsgewinn“ als hilfreich und können motiviert werden, sich offensiver mit den individuellen Zukunftsperspektiven auseinander zu setzen.
Lecturer
Prof. Dr. Andreas Hillert, Assistenzärztin Carolin Göhre, M.Sc. Sophia Hillert; alle Schön Klinik Roseneck, Prien am Chiemsee